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Intraduktal papillär muzinöse Neoplasie (IPMN)


Definition
Bei der IPMN handelt es sich um einen primär intraduktal wachsenden epithelialen Tumor, der aus muzinösen Zellen besteht. IPMN sind häufig heterogen gebaut und zeigen unterschiedliche Dysplasie- und Malignitätsgrade. Unterschieden werden die nicht-invasiven IPMN mit geringen, mäßigen oder schwergradigen Dysplasien (Adenom-, Borderline- oder Carcinoma in situ-Typ) von den invasiven IPMN. Letztere werden durch das hervorgehende invasive Karzinom definiert, welches vom Phänotyp dem duktalen Pankreaskarzinom oder einem muzinösen Adenokarzinom entsprechen.
Ca. 80% der IPMN finden sich im Pankreaskopf. Eine Beteiligung der Papilla Vateri und des periampullären Duodenums ist möglich. Die „branch duct type“ Variante entsteht vor allem im Processus uncinatus.

Einteilung
IPMN, welche im Pankreashauptgang entstehen, bezeichnet man als „main duct type“. IPMN, die in Nebengängen entstehen werden entsprechend als „branch duct type“ bezeichnet. Die Unterscheidung ist sinnvoll, da mehrere Studien gezeigt haben, dass „branch duct type“ Formen ein weniger aggressives Verhalten aufzeigen (seltener invasiv wachsen) als die „main duct type“ IPMN. Eine Kombination aus beiden Formen ist möglich.

Epidemiologie
Die IPMN stellen mit 21-33% aller zystischen Pankreastumoren eine wichtige Entität der zystischen Pankreasneoplasmen dar. Sie kommt häufiger bei Männern als bei Frauen vor (Verhältnis 3:2), der Altersdurchschnitt liegt bei 60–70 Jahren.

Makroskopie

Durch die Produktion eines zähglasigen Schleims können die betroffenen Gänge so stark dilatiert sein, dass Zysten mit einem Durchmesser von 2 bis 6 cm Größe entstehen können. Neben den muzingefüllten Gängen kommen papilläre Ausläufer im Pankreasgang zu liegen. In einigen Fällen beschränken sich die tumorösen Veränderungen auf einen Seitenast (meist im Pankreaskopf) oder den Schwanzbereich. Gelegentlich wird das Pankreasparenchym multifokal oder in seiner ganzen Länge also von der Papille bis in den Pankreasschwanz von Tumorgewebe eingenommen. Weiterhin kann es zur Fistelbildung in das Duodenum oder in den distalen Gallengang kommen. Das Pankreasgewebe um den erweiterten Gang ist meist fibrosiert.

Histologie

Mikroskopisch finden sich im vom Tumor betroffenen Pankreasgangabschnitt flache oder papilläre Proliferationen eines atypischen schleimbildenden (PAS-positiven) Zylinderepithels. Die „main duct type“ Variante kann beim Einwachsen in die Seitengänge eine Invasion vortäuschen. Ob ein Tumor als Adenom, Borderline-Tumor oder Karzinom klassifiziert wird, hängt von seinem Dysplasiegrad ab. Adenome zeigen nur eine geringe Dysplasie, Borderline-Tumoren hingegen schon eine mittelgradige Dysplasie. Hier sind die Kerne zwar noch basal angeordnet, dafür aber schon deutlich vergrößert und irregulär in ihrer Form. Karzinome zeigen hingegen schon eine schwere Dysplasie wie z.B.: unregelmäßige und kribriforme Papillen sowie stark unregelmäßige Kerne mit deutlichen Nukleoli und viele Mitosen. Der invasive Anteil der IMPN entpricht entweder einem üblichen duktalen Adenokarzinom oder einem kolloiden (muzinösen) Karzinom. Die verschiedenen Typen der IPMN konnten durch immunhistochemische Untersuchungen zur MUC-Expression bestätigt werden.

Es lassen sich aufgrund der MUC-Expression 4 Typen der IPMN abgenzen:

  1. Intestinaler Phänotyp: Expression von MUC-2
    Diese IPMN sind zumeist große, stark schleimproduzierende zytische Tumoren, die hauptsächlich im Pankreaskopf lokalisiert sind und sich bis in die Papille hinein ausbreiten können. Sie exprimieren CDX2, ein Transkripionsfaktor, der die intestinale Differenzierung bestimmt. Diese Form geht in etwa 30 – 50% der Fälle in ein invasives Karzinom vom kolloidalen Typ über. Dennoch verhalten sie sich prognostisch günstiger als ein duktales Adenokarzinom.
  2. pankreatikobiliärer Phänotyp: Expression von MUC-1
    Sie sind etwas seltener als der Intestinale Typ und sind durch baumartig verzweigte Papillen charakterisiert. Die Tumorzellen sind zumeist kubisch und enthalten zentrale runde Zellkerne. In über 50% der Fälle können sie invasiv werden und entsprechen dann einem duktalen Adenokarzinom. Auch sie kommen überwiegend im Pankreaskopf vor. Die Prognose ist deutlich schlechter als beim intestinalen Typ.
  3. Nulltyp: Keine, bzw. gelegentliche/fokale Expression von MUC-1 und MUC-2
    Sie exprimieren MUC5AC, welches auch in den beiden oben genannten Phänotypen vorkommt, und finden sich vor allem in der Peripherie des Pankreaskopfes. Damit entsprechen sie der „branch duct type“ Variante. Sie wachsen nur selten invasiv und haben daher eine in der Regel gute Prognose.
  4. Onkozytärer Phänotyp: fokale MUC-1 und MUC-2 Expression
    Diese IPMN ähnelt sehr dem pankreatikobilären Typ zeigen aber zusätzlich eine intraepitheliale Lumenbildung.
  5. gemischter Phänotyp
    Hier sind alle oben genannten Phänotypen vorhanden. Eine nähere Klassifizierung liegt derzeit noch nicht vor.

Da die Differenzierung sowohl von Tumor zu Tumor als auch innerhalb eines Tumors variieren kann, muss aus diesem Grund zur Sicherung maligner Tumoranteile das Präparat im Zweifel komplett histologisch aufgearbeitet werden.

Ein entscheidendes histopathologisches Kriterium zur Differenzierung der IMPN von den MCN (muzinös zystischen Neoplasmen) ist das Fehlen des für letztere charakteristischen Ovarialstromas.

Das nicht neoplastische Pankreasgewebe zeigt i.d.R. eine starke Fibrosierung sowie das Bild einer fortgeschrittenen chronisch obstruktiven Pankreatitis.

Differentialdiagnosen

  • Muzinös zystische Neoplasie
  • Pankreatische intraepitheliale Neoplasie (PanIN)
  • Serös zystische Neoplasie
  • Pseudozyste bei Pankreatitis

Klinik

Eine IPMN kann klinisch unterschiedlich in Erscheinung treten. Viele Patienten zeigen Symptome, die an eine chronische Pankreatits denken lassen. Die häufigsten Symptome umfassen intermittierende abdominelle Schmerzen, Übelkeit, Steatorrhö, und Erbrechen. Weitere Anzeichen für das Pankreasleiden sind ein Ikterus, Gewichtsverlust und eine akute Pankreatitis. Im Verlauf der Erkrankung kann sich eine exogene und endogene Pankreasinsuffizienz entwickeln. Diese Symptome sind jedoch für eine IPMN nicht spezifisch, so dass es schwierig ist, aufgrund der klinischen Befunde eine zuverlässige Diagnose zu stellen. Ein Drittel der Patienten sind asymptomatisch so dass in diesen Fällen der Tumor meist ein Zufallsbefund darstellt.

Diagnose

Sie erfolgt zum einen mit Hilfe bildgebender Verfahren. Als Beispiel sei die Computertomographie (CT), der endoskopische Ultraschall (EUS) und die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) genannt. Mit diesen Verfahren lassen sich Dilatation des Pankreasganges oder der Nebengänge gut darstellen. Daneben kann in seltenen Fällen eine Feinnadelpunktion mit Biopsie zur Diagnosefindung in Erwägung gezogen werden. Die Feinnadelpunktion kann zum einen endoskopisch zum anderen Ultraschall oder CT-gesteuert durch die Haut erfolgen.

Therapie

Die chirurgische Resektion ist der Hauptpfeiler der therapeutischen Strategie bei IPMN des Pankreas, zumal die Möglichkeit zur malignen Transformation der Zellen gegeben ist. Ziel ist die chirurgische R0-Resektion. Entsprechend der bevorzugten Lokalisation — auch die IPMN befindet sich (wie die duktalen Adenokarzinome) vorwiegend im Pankreaskopf — ist die partielle Pankreatikoduodenektomie (Whipple) der häufigste Eingriff. Bei einem diffusen Befall des Pankreasparenchyms sollte in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand des Patienten die totale Pankreatektomie erwogen werden.

Das therapeutische Vorgehen bei „branch duct type“ IPMN ist hier allerdings anspruchsvoller als die der „main duct type“ Variante. In diesem Fall muss sorgfältig zwischen dem malignen Potential des Tumors und des Operationsrisikos abgewogen werden. Hierfür wurden im Jahr 2006 „International consensus guidelines for the treatment of branch duct IPMN“ erstellt.

Die Leitlinien legen nahe, dass asymptomatische Patienten mit einer Neoplasie, die

  • < als 3 cm ist,
  • keine Dilatationen der großen Pankreasgänge und
  • keine knotig feste Masse enthält,

nicht operiert werden.

Im Gegensatz dazu empfehlen die Leitlinien die chirurgische Resektion bei

  • bestehender Symptomatik,
  • bei einer Größe > 3 cm,
  • dem Vorliegen einer knotig festen Masse und
  • Vorliegen einer Dilatation der großen Pankreasgänge.

„Branch duct type“ IPMN, die nicht chirurgisch reseziert werden, sollten regelmäßig radiologisch kontrolliert werden um sicherzustellen, dass sie sich nicht weiter verändern. Dazu zählen die CT, EUS und die MRCP. Sind die „branch duct type“ IPMN im Durchmesser kleiner als 1 cm, reicht eine jährliche Kontrolle aus. Patienten mit größeren „branch duct type“ IPMN sollten sich hingegen vierteljährlichen Kontrollen unterziehen.

Prognose

Die IPMN hat im Allgemeinen eine bessere Prognose als das duktale Adenokarzinom des Pankreas. Daneben hat die Trennung zwischen nicht invasiven und invasiven Karzinomen hat eine große prognostische Bedeutung. Patienten mit einer nichtinvasiven IPMN haben eine sehr gute Prognose (5-Jahresüberlebensrate von 77%), während bei Patienten mit invasiv wachsender IPMN nach radikaler Resektion eine weitaus schlechtere Prognose haben. (5-Jahresüberlebensrate von 43%). Die „branch duct type“ IPMN hat dabei eine bessere Prognose als die „main duct type“ Variante.
In etwa 10% der Fälle ist nach chirurgischer Resektion mit einem Rezidiv zu rechnen.
Todesursache bei papillär-muzinösen Karzinomen mit peripankreatischer Invasion ist meist eine Fernmetastasierung.

Weiterführende Literatur

  1. Intraduktal papillär muzinöse Neoplasmen (IPMN) des Pankreas
    Rahden, B.H.A. von: Intraduktal papillär muzinöse Neoplasmen (IPMN) des Pankreas. Chirurg 2005; 76: 179–182

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 29.10.2015