UniHD


3.2 Chronische Entzündung


Die chronische Entzündung ist eine Entzündung von längerer Dauer (Wochen bis Monate bis Jahre). Histologisch hat der Begriff “chronisch” hier aber eine spezielle Bedeutung, da dieser sich auf die Art des entzündlichen Infiltrats bezieht. Die chronische Entzündung ist histologisch definiert als ein entzündlicher Prozess, in welchem mononukleäre Entzündungszellen (also Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen) dominieren.

Ursachen der chronischen Entzündung

1. Primär-chronische Entzündung
In den meisten Fällen einer chronischen Entzündung zeigt das entzündliche Infiltrat von Anfang an alle histologischen Merkmale der chronischen Entzündung. Da die chronische Entzündung in diesen Fällen nicht aus einer akuten Entzündung hervor geht, wird sie als primär-chronische Entzündung bezeichnet.

Beispiele für eine primär-chronische Entzündung:

Ursache der Entzündung Beispiele
Infektiöse Agentien, die nicht phagozytiert und abgebaut werden können Tuberkulose, Lepra, Brucellose, virale Infektionen
Endogene Materialien Keratinlamellen, Harnsäurekristalle
Exogene Materialien Silica, Asbestfasern, Nahtmaterial, implantierten Prothesen
Autoimmunerkrankungen Hashimoto Thyreoiditis, Typ A-Gastritis (perniziöse Anämie), rheumatoide Arthritis
Überempfindlichkeitsreaktionen Nickelallergie
Krankheiten unbekannter Ätiologie Colitis ulcerosa
Granulomatöse Erkrankungen Sarkoidose
Chronische Transplantatabstoßung Z.n. Organtransplantation

2. Sekundär chronische Entzündung
Eine akute Entzündung führt meist zur Ausheilung und geht nur selten in eine chronische Entzündung über; man spricht dann von einer sekundär chronischen Entzündung. Von den akuten Entzündungen neigt die eitrige Entzündung am häufigsten dazu zu chronifizieren. Ein nicht oder nur ungenügend drainierter Abszess oder ein Empyem kann zur Bildung von Granulationsgewebe und bindegewebigen Umgebungsreaktion im Randbereich führen, woraus schließlich eine Narbe resultiert (Beispiele: chronische Osteomyelitis, chronisches Pleuraempyem). Auch beim Vorliegen inerten, nicht-phagozytierbaren Materials kann die akute Entzündung in eine chronische Entzündung übergehen. Beispiele für nicht phagozytierbare Materialien sind Keratin (Austritt aus einer rupturierten epidermalen Zyste) und Fragmente von nekrotischem Knochen (Knochensequester bei chronischer Osteomyelitis). Am resistentesten gegenüber lysosomalen Enzymen ist jedoch Fremdmaterial (z.B. nicht resorbierbares Fadenmaterial, Prothesenmaterial, Wundverunreinigungen). Häufig löst Fremdmaterial eine eitrige oder auch eine granulomatöse Entzündung aus, die jedoch erst dann abklingt, wenn das Fremdmaterial operativ entfernt wird. Rezidivierende akute Entzündungen mit Heilungsphasen resultieren in dem klinisch-pathologischen Bild einer chronisch-rezidivierten Entzündung. Das beste Beispiel hierfür ist die chronische Cholezystitis bei Gallensteinen. Hier kommt es immer wieder zu Episoden akuter Entzündungen, die zur Fibrose der Gallenblasenwand führen.

Häufige Befunde bei chronischer Entzündung:

  • Chronisches Ulkus, z.B. ein chronisches peptisches Magengeschwür mit einem Rand von Granulationsgewebe, Fibrosierung und mononukleären Entzündungsinfiltraten in der Muskelwand
  • Chronischer Abszess, z.B. Weichteilabszess
  • Entzündliche Verdickung eines Hohlorgans mit chronischer Entzündung, z.B. bei M. Crohn, chronischer Cholezystitis, Pyelonephritis
  • Chronische granulomatöse Entzündung, z.B. bei verkäsender Lungentuberkulose
  • Fibrose mit geringem lymphozytärem Entzündungsinfiltrat (chronische Cholezystitis, Stenosen bei Morbus Crohn, chronische Pankreatitis).

Mikroskopische Merkmale der chronischen Entzündung:

Das zelluläre Infiltrat besteht typischerweise aus Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen. Wenige eosinophile Granulozyten können vorhanden sein, neutrophile Granulozyten sind allerdings selten. Morphologisch lassen sich drei Varianten der chronischen Entzündung unterscheiden:
Die chronisch granulierende Entzündung ist der zentrale Mechanismus der Defektheilung, der immer dann zum Tragen kommt, wenn eine Restitutio ad integrum nicht möglich ist. Das Granulationsgewebe besteht neben den o.g. Entzündungszellen aus einsprossenden Kapillaren und Fibroblasten, die durch Kollagensynthese die Ausbildung einer Fibrose (Narbengewebe) initiieren.
Die lymphoplasmazelluläre Entzündung ist immer dann anzutreffen, wenn eine fortlaufende Immunstimulation besteht. Erst im Verlauf entwickelt sich eine Atrophie und Vernarbung, die zum Funktionsverlust führt. Beispielhaft sei die HP-assoziierte Gastritis genannt.
Die granulomatöse Entzündung ist die dritte morphologische Variante der chronischen Entzündung. Sie ist durch die Bildung von Epitheloid- und/oder Riesenzellen aus Histiozyten charakterisiert.

Wachstumsfaktoren bei chronischer Entzündung

Wachstumsfaktor Abkürzung Funktion
Epidermaler growth factor EGF Regeneration der Epithelzellen
Transforming growth factor α TGFα Regeneration der Epithelzellen
Transforming growth factor β TGFβ Stimuliert Fibroblastenproliferation und Kollagensynthese, Kontrolle epithelialer Regeneration
Platelet-derived growth factor PDGF Mitogene und chemotaktische Funktion für Fibroblasten und glatten Muskelzellen
Fibroblast growth factor FGF Stimuliert Fibroblastenproliferation, Angiogenese und epitheliale Regeneration
Insulin-like growth factor 1 IGF-1 Synergieeffekte mit anderen Faktoren fördert das Wachstum
Tumor necrosis factor α TNFα Stimuliert Angiogenese
Bearbeiter: Thomas Longerich
Letzte Änderung: 13.07.2024