UniHD


74-jährige Patientin mit Vergrößerung des Bauchumfangs



Klinische Angaben
Periphere Ödeme, Abgeschlagenheit und Vergrößerung des Bauchumfangs. Humangenetische Diagnose einer Eisenspeicherkrankheit.

Diagnostik

Labor:

Parameter Werte Normbereich
Haemoglobin 11.6 12-15 g/dl
Erythrozyten 3.7 4-5,2 /pl
Haematokrit 0.35 0,36-0,47 l/l
Kreatinin 2.14 0,1-1,3 mg/dl
Harnstoff 85 bis 45 mg/dl
AP 491 40-130 U/l
GGT 515 bis 40 U/l

Urinsediment: Ery. 23.000, Leuko. 20.000/ml, Eiweiß im Spontanharn 900 mg%, keine Glukosurie, pH 6.
Serologie: Kein Nachweis von ANA, ds-DNA-AK, c- und pANCA, mitochondriale Antikörper.
Sonografie des Oberbauchs: Deutlich vergrößerte Leber. (145 mm in der MCL) Keine intrahepatische Cholestase. Zwei blande Zysten von 5×10 mm im Segment 8 und 7×8 mm in Segment 7. Keine Raumforderungen, kein Stau, keine lokale Mehrverfettung. Gallenblase normal groß, keine Steine, Pankreas soweit einsehbar vermehrt echogen, kein Tumornachweis. Milz: unauffällige Parenchymstruktur. Nieren bds. normal groß, global hyperechogen, Parenchymsaum etwas verschmälert, kein Hinweis auf Stau, Steine, Cysten oder Raumforderungen. Aorta abdominalis normalkalibrig, kein Aszites.

Prozedere
Eine weitere Abklärung des Leberschadens war vorgesehen. Dazu wurde einen Monat später eine stationäre Aufnahme geplant.
Es erfolgte zur Abklärung der progredienten Hepatomegalie eine Leberbiopsie.

Virtuelle Mikroskopie

Mikroskopie
Histologisch sieht man fragmentiertes Leberbiopsiematerial mit erhaltener Architektur. Entlang der Sinusoide finden sich bandartige Ablagerungen eines amorph eosinophilen Materials. Diese reagiert in der Kongorot-Färbung positiv und zeigt polarisations-mikroskopisch eine typische apfelgrüne Doppelbrechung. Immunhistologisch findet sich eine Positivität für die Immunglobulin-Leichtketten kappa und lambda, wobei die kappa-Färbung kräfiger imponiert. Positiv auch die Imunhistologie für Präalbumin. Serum Amyloid A reagiert negativ. Die Eisenfärbung negativ.

Diagnose
Hepatische AL-Amyloidose (kappa) mit linearer sinusoidaler Ablagerung.

Klinischer Verlauf
Nach Entlassung stellte sich die Patientin wenige Tage später mit zunehmenden rezidivierenden abdominellen Schmerzen erneut im KH vor.

Sono Leber: Die Leber misst im größten kraniocaudalen Durchmesser 20 cm. Der Leberrand ist stumpf. Die Echodichte ist unauffällig, die Struktur ist homogen. Die Lebervenen sind nicht gestaut. Mehrere Leberzysten wie vorbeschrieben. Die intrahepatischen Gallengänge sind nicht dilatiert. Der Ductus Choledochus ist nicht darstellbar. Es zeigt sich ein subkapsuläres Hämatom im Bereich des rechten Leberlappens mit einer maximalen Ausdehnung von ca. 13 × 19 × 3,5 cm. Zusätzlich zeigt sich perihepatisch/subphrenisch freie Flüssigkeit. Freie Flüssigkeit zudem im kleinen Becken. Leberperfusion: Die Lebervenen sind offen und triphasisch perfundiert. Die A. hepatica zeigt sich mit typischem Flussprofil.

CT Abdomen: Hepatomegalie. Intraabdominell freie Flüssigkeit sowie subkapsuläres Hämatom mit einer Ausdehnung von ca. 27 × 18 cm und einer Dichte von 38 HE, die für eine subkapsuläre Blutung sprechen. Die Leberoberfläche ist verletzt und unregelmäßig, was möglicherweise durch eine subkapsuläre Einblutung dieser Verletzung verursacht wurde.
531

Nach gesichertem subkapsulärem Hämatom der Leber wurde die Pat. zur Überwachung auf die Intensivstation aufgenommen. Im weiteren Verlauf zeigte sich ein Hb-Abfall auf 7,7mg/dl trotz sonographisch stabilem Befund. Es erfolgte die Gabe von 2 EK´s und ein konsekutiv adäquater Hb-Anstieg.
Im weiteren Verlauf des Aufenthaltes kam es zudem zu einer Oligoanurie mit dialysepflichtigem Anstieg der Retentionswerte. Während anfangs noch täglich dialysiert werden musste, konnte im weiteren Verlauf die Dialyse auf drei Sitzungen pro Woche reduziert werden.

Klinische Korrelation
Hepatische Amyloidablagerungen treten bei der AL-, der AA- sowie hereditären Formen (wie dem familiären Mittemeerfieber) auf.

Bei der hereditären Transthyretin-Amyloidose (ATTR) ist die Leber der Bildungsort des abnormen Proteins, weshalb sie durch Lebertransplantation therapiert werden kann. Die Leber selbst weist keine Ablagerungen auf. Diese finden sich meist im somatischen und autonomen Nervensystem, dem Magen-Darm-Trakt, dem Auge, dem Herz und den Nieren.

Typisch für eine hepatische Amyloidose ist eine massive Hepatomegalie mit Lebergewichten bis 9 kg. Wenige Patienten (5-10%) weisen einen Ikterus auf, was als prognostisch ungünstig gilt.

Ein Teil der Patienten entwickelt eine portale Hypertension und in Einzelfällen wurden spontane Leberrupturen beschrieben. Da das subkapsuläre Hämatom bei der Patientin in zeitlicher Assoziation mit der Biopsie entstand, ist es aller Wahrscheinlichkeit nach als Komplikation der Biopsie aufgetreten. Leichte Komplikationen (Schmerzen, vagale Symptome, leichte Blutung) können nach Leberbiopsie in bis zu 1% der Patienten beobachtet werden. Schwere Komplikationen, die eine operative Revision erforderlich machen, sind 10mal seltener und tödliche Komplikationen wurden in bis 0,01% der biopsierten Patienten berichtet.

Bei AL-Amyloidosen lassen sich primäre (ohne Grunderkrankung) und die viel häufigeren sekundären AL-Amyloidosen im Rahmen einer benignen oder malignen monoklonalen Gammopathie (Multiples Myelom, M. Waldenström) unterscheiden. Typische Organmanifestationen der AL-Amyloidose sind kardial mit resultierender progredienter Herzinsuffizienz und renal durch Ablagerungen der Leichtketten in den Glomerula. In der Folge entwickelt sich eine Proteinurie, ein nephrotisches Syndrom und eine Niereninsuffizienz. Im Verlauf entwickelte die Patientin ein progredientes Nierenversagen, so dass eine renale Beteiligung hoch wahrscheinlich ist.

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 17.06.2018