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40-jährige Patientin mit Lebertransplantation



Anamnese
Bekannter langjähriger Alkoholabusus mit Leberzirrhose im Stadium Child B mit rezidivierender hydropischer Dekompensation, Enzephalopathie und aktuell dialysepflichtiger Niereninsuffizienz. Bei Aufnahme Bilirubin 2,5, Quick 60%, Thrombozyten 49.000.
Bereits bei Eurotransplant zur Lebertransplantation gemeldet.

Körperliche Untersuchung
40-jährige Patientin mit deutlich reduziertem AZ und EZ, Aszites, Ikterus sowie peripheren Ödemen und einer leicht- bis mittelgradigen hepatischen Enzephalopathie. Keine Orientierung zum Ort, Zeit und Raum. Lunge: palpatorisch und auskultatorisch frei. Herz: regelmäßige Herzaktion, Frequenz 64/min, keine pathologischen Geräusche. Regelrechter peripherer Pulsstatus, keine Strömungsgeräusch über den Carotiden. Abdomen: deutlich prominente Venenzeichnung, tastbare Leber, in der MCL bei Inspiration etwa um 4 QF. Milz nicht tastbar.

Labor

Parameter Werte Normbereich
Erythrozyten 3,06 3.8-5.2 10E12/l
Hämoglobin 9,7 11.7-16.0 g/dl
Hämatokrit 28,1 35-45 Vol.-%
Leukozyten 3,6 4.3-10.0 10E9/l
Thrombozyten 49.000 150-400 10E9/1
Quick 60 70-120 %
INR 1,3 0.9-1.1
PTT 32,9 24-36s
AT III 44 70-140%
GOT 21 bis 15 U/l
GPT 8 bis 18 U/l
Harnstoff 152 10-45 mg/dl
Kreatinin 2,3 0.5-1.3 mg/dl
Ges. Eiweiß 47 60-80 g/l
Albumin 28 35-52 g/l
Alk.Phos. 282 60-170 U/l
Gamma-GT 103 4-28 U/l
CHE 2077 3000-8500 U/l
Bilirubin 2,5 <1,2 mg/dl

Bildgebung
CT-Abdomen: Erkennbar ein hypertrophierter linker Leberlappen mit höckriger Leberoberfläche, Steatosis hepatis, ausgeprägtem Aszites sowie eine Milzvergrößerung als Zeichen eines Pfortaderhochdrucks.

Procedere
Über Eurotransplant ein geeignetes Spenderorgan zugewiesen bekommen, orthotope Lebertransplantation.

Intraoperativ weit fortgeschrittene venöse Kollateralisation der Leber, insbesondere im retrohepatischen Raum. Nach Explantation des patienteneigenen Organs Einbringen und Anastomosierung der Spenderleber. Diese wiegt 1460 g und weist eine Normversorgung auf.

Nach Abschluss der Implantation Messung der Durchblutung mit einem arteriellen Fluss von 223 ml, der Pfortaderfluss liegt zwischen 1,8 und 2l. Die Thermodiffusion liegt bei 62 ml/100g/min.

Makroskopie
23 × 18 × 12 cm großes und 1750 g schweres Leberexplantat mit anhängender 8 cm langer Gallenblase mit mehreren, bis pfefferkorngroßen Konkrementen. Auf Lamellen das Bild einer mikronodulären Zirrhose mit bis max. 0,5 cm durchmessenden Knoten ohne tumorverdächtigen Herdbefund.

Makroskopischer Befund des Explantates

 

Virtuelle Mikroskopie

Diagnose
Explantatleber mit kleinknotiger Zirrhose (äthyltoxischer Genese) mit Regeneratknoten und Cholestase. Die Gallenblase mit geringer chronischer Cholezystitis bei Cholezystolithiasis. Kein Anhalt für Malignität.

Mikroskopie
Histologisch imponiert das Bild einer kompletten Leberzirrhose mit Pseudolobuli, welche durch Bindegewebssepten begrenzt werden. Perisunusoidale Faservermehrung. Die Knoten teils vom Aspekt von Regeneratknoten mit rundlich-expansiver Erscheinung. In den fibrösen Septen fokal akzentuierte Gallengangsproliferate sowie eher geringe, vorwiegend mononukleäre Entzündungszellinfiltrate. Innerhalb der Knoten immer wieder fokale zentrale Parenchymnekrosen mit Hyperämie bzw. Einblutungen. Die Hepatozyten geschwollen, in den Hepatozyten sowie intrakanalikulär Gallepigmentablagerungen. Die großen Gefäße an der Leberpforte mit mäßiger Intimafibrose der größeren Arterien. In einem Präparat vom linken Lappen zentral ausgedehntere Parenchymvernarbungen. Die Gallenblase mit geringen lymphozytären Infiltraten im Schleimhautstroma.

Klinischer Verlauf
Der postop. Verlauf gestaltete sich komplikationslos.

Aufgrund der bereits präoperativ bestehenden Niereninsuffizienz erfolgte direkt postop. eine Hämofiltration. Bei rückläufigen Retentionswerten und Wiedereinsetzen der Nierenausscheidung wurde die Hämofiltration am 5. postoperativen Tag abgeschlossen.

Aufgrund postop. erhöhter Bilirubinwerte von 8,6 mg/dl erfolgte eine T-Drain-Darstellung. Diese zeigte eine Stenose, jedoch ohne Galleaufstau.

Klinische Korrelation
Die Lebertransplantation stellt heute ein Standardtherapieverfahren bei dem akuten bzw. chronischen Leberversagen dar. Grundsätzlich wird zwischen der orthotopen und der heterotopen Lebertransplantation unterschieden. Die orthotope Form der Lebertransplantation gilt als Standardeingriff und wird in der Mehrzahl der Fälle durchgeführt.
Die Indikation zur Lebertransplantation liegt dann vor, wenn bei einer fortgeschrittenen Lebererkrankung die konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind. Grundsätzlich kommen Patienten mit Leberparenchym-erkrankungen, cholestatischen Lebererkrankungen, bestimmten primären und sekundären Stoffwechselerkrankungen, vaskulären Ursachen einer Leberkrankung, Neoplasien, fulminantem Leberversagen und anderen, selteneren Ursachen in Frage. Der Zeitpunkt der Indikationsstellung ergibt sich bei Komplikationen bzw. Zeichen der Dekompensation, wie z.B. körperlicher Schwäche, Leistungsknick bzw. zunehmender Müdigkeit, therapierefraktärem Aszites, einer abgelaufenen spontan bakteriellen Peritonitis, hepatischer Enzephalopathie, gastrointestinalen Blutungen aufgrund von Fundus- bzw. Ösophagusvarizen bei portalem Hypertonus und hepatorenalem Syndrom.

Indikationen (allgemein)

  • akuter Ausfall der Leberfunktionen (z.B. fulminante Hepatitis, Intoxikation),
  • chronische Lebererkrankung mit kontinuierlicher Verschlechterung der Leberleistung oder mit rezidivierenden Dekompensationen,
  • Komplikationen einer Lebererkrankung (z.B. hepatorenales Syndrom, nicht beherrschbare Enzephalopathie)

Indikationen (speziell, Auswahl häufiger Transplantationsindikationen)

  • posthepatitische Leberzirrhose
  • alkoholische Leberzirrhose (bei Abstinenz)
  • Leberzirrhose bei Autoimmunhepatitis
  • primäre biliäre Zirrhose
  • primäre sklerosierende Cholangitis
  • Zirrhose bei Hämochromatose
  • Gallengangsatresie (Alagille Syndrom, Vanishing bile duct disease)
  • Budd-Chiari-Syndrom
  • Hepatozelluläres Karzinom
  • Cholangiokarzinom

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 17.06.2018