UniHD


71-jährige Patientin mit großer intramuskulärer Raumforderung im rechten Oberschenkel mit Bezug zur V. femoralis



Anamnese und Befund
Seit mehreren Monaten bestanden Beschwerden im rechten Oberschenkel. Aktuell liegt eine neu aufgetretene indolente Schwellung mit Schweregefühl im re. Bein vor.

Bildgebende Diagnostik
Sonografie: Die Ultraschalluntersuchung sowie eine Duplexsonographie zeigen eine ca 7×4cm messende, niedrige echogene ovoide Raumforderung in engem Kontakt mit der A. femoralis superficialis. Daneben eine tumorverdächtige zapfenartige Raumforderung in der V. femoralis sup. Keine Kompression der Femoralgefäße.

MRT:
590

Abb. 260: MRT des rechten Oberschenkels (T2-gewichtet) in der transversalen Ebene mit hoher Signalintensität des Tumors und Kontakt zu den Femoralgefäßen. Keine Kompression der Gefäße. Auf Höhe des Schnittes ist noch keine intravasale Tumorkomponente erkennbar. (Pfeil zeigt auf die V. Femoralis)

Procedere
Zur Diagnosesicherung erfolgte eine Inzisionsbiopsie, nach Diagnosesicherung erfolgte eine weite Exzision unter onkologischen Gesichtspunkten.

Makroskopie
30 × 21 × 6,5cm großes Muskelresektat (wide excision) unter Einschluss von Anteilen der A. und V. femoralis in Zusammenhang mit einer 15,5 × 7 cm großen Hautspindel mit zentraler, 7 cm langer, in Abheilung befindlicher chirurgischer Inzisionsnarbe. Auf den Schnittflächen intramuskulär gelegen ein 7 × 4 × 4,5 cm großer, überwiegend grau-weißer und derber teils wirbeliger Tumor, der einen Bezug zur V. femoralis aufweist und im Venenlumen einen 4 × 1,5 cm großen Tumorzapfen erkennen lässt. Minimaler Abstand des Tumors von den Präparaterändern 4 cm.

Virtuelle Mikroskopie

HE-Färbung

 

Diagnose
Niedrig differenziertes Leiomyosarkom der V. femoralis mit intravenösem Tumorzapfen, Infiltration der Adventitia und der Oberschenkelmuskulatur.

TNM Klassifikation: pT2b, pN0 (0/1), V1, L0
FNCLCC-Grading: G3
R-Klassifikation: R0

Mikroskopie
Mikroskopisch erkennbar ein angedeutet knotig gestalteteter maligner mesenchymaler Tumor. Dieser ist in weiten Abschitten zellreich und besteht teils aus spindelig ausgezogenen Tumorzellen, die in fächerformig ineinander verwobenen Faszikeln angeordnet sind. Tumorzellen mit pleomorphen rundlich-ovalären Zellkernen mit grobem Chromatingerüst und gelegentlichen Nukleolen erkennbar. Zytoplasma eosinophil und länglich ausgezogen, immer wieder perinukleare Zytoplasmavakuolen. Viele Mitosen. Das Tumorgewebe wird von unterschiedlich breitem teils zellarm hyalinisierten bindegewebigen Stromaachsen durchzogen. Daneben herdförmige Tumornekrosen und Hämorrhagien.
Der Tumor ummauert die A. femoralis, und reicht in Form eines das Lumen subtotal okkludierenden Tumorzapfens in die ektatisch aufgeweitete V. femoralis hinein. Erkennbar ist hier einen Bezug zur Mediamuskulatur und ein fließender Übergang in das perivaskuläre Tumorgewebe.

Klinischer Verlauf
Der postoperative Verlauf war gekennzeichnet durch ein langsam regressives Ödem der betroffenen Extremität.
Zur postoperativen Thromboseprophylaxe erhielt die Patientin während des Krankenhausaufenthaltes niedermolekulares Heparin sowie Thrombosestrümpfe, die für weitere 3 Monate postoperativ getragen werden sollten.
Weiterhin erfolgte eine postoperative lokale Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 60 Gy fraktioniert in 1,8 Gy.

Klinische Korrelation
Leiomyosarkome, die der glatten Gefäßmuskulatur entspringen, sind sehr selten und betreffen meistens die Vena cava. Tumoren aus peripheren Venen, einschließlich V. saphena, V. femoralis, V. iliaca und die poplitealen Venen wurden bislang nur vereinzelt beschrieben.

Die klinische Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation der Tumoren (intra- vs. extraluminal). Das intraluminale Wachstum geht oft mit einem Gefäßverschluss einher und kann dadurch die Symptome einer tiefen Beinvenenthrombose imitieren.
Extraluminales Wachsturm aus der Mediamuskulatur in das umgebende Gewebe kann zur Kompression der benachbarten Arterien oder Nerven führen und treten meist in Kombination mit Schmerzen auf. Kombinationen mit endo-und extraluminaler Beteiligung sind selten und können verschiedene Symptome vereinen. Bei unserer Patientin standen jedoch nur die neu aufgetretenen Schmerzen bei bereits längerer bestehender Schwellung im Raum.

Diagnostik der Wahl ist die Ultraschalluntersuchung verbunden mit Farb-Doppler Sonografie. Die Diagnose ist bei intraluminalen Tumoren gut zu stellen. Weiterhin dient das MRT zur Diagnosesicherung. Es bietet Informationen über die Tumorlokalisation, die Größe und das intraluminale bzw. und extraluminale Wachstum.

Die weite chirurgische Exzision ist die Behandlung der Wahl. Bei unvollständiger Resektion können Rezidive auftreten. Die postoperative adjuvante Strahlentherapie ist Standard und wurde auch bei unserer Patientin durchgeführt.

Die schlechtere Prognose der venösen Leiomyosarkome im Vergleich zu anderen Weichgewebstumoren ist u.a darauf zurückzuführen, dass diese Tumoren in der Regel direkten Zugriff auf das venöse System haben und dazu neigen, früh hämatogen zu metastasieren. Die meisten Metastasen entstehen innerhalb der ersten Jahre nach chirurgischer Intervention, betreffen die Lunge und die Leber und lassen sich am besten mit Chemotherapie behandeln.

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 17.06.2018