Klinische Angaben
Aktuell Vorstellung beim Hausarzt wegen auffälliger Zunahme des Bauchumfangs. Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Schmerzen und Fieber wurden von Seiten der Patientin verneint.
Diagnostik
CT Abdomen:
Abb. 495: CT-Abdomen (nativ): Große, die rechte Abdominalhöhle inkomplett ausfüllende, inhomogene und überwiegend hypodense Raumforderung, mit Verdrängung der Darmschlingen (links im Bild) und der retroperitonealen Organe.
Prozedere
Explorative Laparotomie mit Tumorteilentfernung und histologischer Sicherung.
Virtuelle Mikroskopie
HE-Färbung
Diagnose
Mittelgradig differenziertes bis dedifferenziertes intraperitoneales Liposarkom.
Mikroskopie
Erkennbar sind Formationen eines malignen mesenchymalen Tumors. Im Wechselspiel finden sich nester- und inselartige Proliferationen größenvariabler Fettzellen, mono- und plurivakuoläre Lipoblasten, sowie teils kollagenfaserreiche teils myxoid aufgequollene und gefäßreiche Tumorareale. In diesen Arealen erkennt man in lockerer bis mäßig dichter Verteilung die ovalären bis plump spindelig ausgezogenen Tumorzellen mit teils geringer teils mäßiger Zellkernpleomorphie. Daneben finden sich auch große pleomorphe Tumorzellen mit einem oder mehreren deutlich vergrößerten, hyperchromatischen Zellkernen, sowie Zellen mit einzelnen Mitosen (10 Mitosen pro 10 HPF ). Weiterhin sind auch fleckförmige Tumornekrosen erkennbar.
Weiterer Verlauf
Postoperativ erfolgte die Vorstellung der Patientin in der Universitätsklinik Heidelberg zur Re-Evaluation und Tumorextirpation. Zwei Monate nach Diagnosestellung erfolgte nach unauffälliger Umfelddiagnostik die endgültige Tumorresektion. Intraoperativ stellte sich heraus, dass das Liposarkom fast das gesamte Peritoneum einnahm. Es reichte cranial bis zum Treitz’schen Band bzw. Duodenum und nach caudal bis an den Eingang des kleinen Beckens. Der Tumor war bereits an verschiedenen Stellen perforiert und hatte zu spontanen intraabdominellen Blutungen geführt.
Makroskopie und postoperatives Tumorstadium
40×30×15cm großes multinodöses Tumorresektat (8,5 kg schwer) mit überwiegend blass-gelber, kleinherdig auch weiss-gelblich lobulierter und fokal gelblich-myxoider Schnittfläche mit herdförmigen Tumornekrosen.
TNM Klassifikation: pT2b, pN0 pM0
FNCLCC-Grading: G2
R-Klassifikation: R1
Klinischer Verlauf
Postoperativ erfolgte aufgrund der R1 Situation, der Tumorausdehnung und der Lage des Bestrahlungsfeldes eine adjuvanten Radiotherapie mit einer Dosis von 45 Gy. Da diese Dosis für eine Tumorkontrolle i.d.R. nicht ausreichend ist, wurden mit der Patientin engmaschige Verlaufskontrollen (in 3-monatigen Abständen) vereinbart.
Ca. 1 Jahr später zeigte sich nach zuvor unauffälligen Voruntersuchungen im Rahmen der Nachsorgeuntersuchung in der Schnittbildgebung erneut eine Raumforderung
CT:
Abb. 140: CT-Abdomen; Z.n. Liposarkom, erkennbar ist eine 5 × 2 cm große Raumforderung im Bereich der rechtsseitigen Nierengefäße unterhalb des Pankreaskopfes. Es besteht der hochgradige Verdacht auf ein Rezidiv des retroperitonealen Liposarkoms rechts paramedian; kein Nachweis weiterer suspekter Raumforderungen.
PET-CT
Im PET-CT zeigte sich eine Mehranreicherung in Höhe der rechtsseitigen Nierengefäße unterhalb des Pankreaskopfes und entlang der Gefäßstraße ziehend. Dies war als Hinweis auf ein Rezidiv des retroperitonealen Liposarkoms rechts paramedian zu deuten; kein Nachweis weiterer suspekter Mehrspeicherungen.
Prozedere:
Es wurde erneut die Indikation zur Exploration, Tumorexstirpation und interaortocavaler Lymphadenektomie sowie zu einer IORT gestellt. Letztere erfolgte mit 15 Gy.
Im Rahmen der weiteren Verlaufkontrolle wurde noch im selben Jahr nach CT-basierter, inverser Bestrahlungsplanung eine perkutane, intensitätsmodulierte Radiotherapie über neun Photonenbeams der Energie 6 MV mit insgesamt 61 individuell konfigurierten Subsegmenten in einer wöchentlichen Fraktionierung von 5 × 1,87 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 44,5 Gy an einem Linearbeschleuniger durchgeführt.
In der darauffolgenden strahlentherapeutischen Nachsorge ein weiteres Jahr später zeigte sich in der aktuellen MRT Fremdaufnahme eine stabile Situation.
Klinische Korrelation
Liposarkome stellen zusammen mit dem malignen fibrösen Histiozytom die häufigsten Weichgewebssarkome im Erwachsenenalter dar.
Bevorzugte Tumorlokalisationen umfassen den Oberschenkel, gefolgt vom Retroperitoneum, Unterschenkel und Arme.
Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, CT-Abdomen/Becken und MRT-Abdomen/Becken sind richtungsweisend für die Diagnose. Eine explorative Laparotomie mit Teilexzision stellt wie bei unserer Patientin die zuverlässigste Methode zur Diagnosesicherung retroperitoneal gelegener mesenchypmaler Tumoren dar, vor allem dann, wenn die Bildgebung nicht sicher ist.
Therapie der Wahl ist die radikale vollständige chirurgische Exzision. Die Vollständigkeit der Tumorresektion ist ein wichtiger prognostischer Faktor, der einen großen Einfluss auf das Überleben und die Rezidivrate hat.
Es gibt jedoch viele Patienten bei denen eine komplette Resektion (vgl. obige Patientin) nicht vorgenommen werden kann, da der Tumor entweder zu groß ist, invasiv in Nachbarorgane wächst, diese ummauert oder bereits eine Infiltration der großen Gefäße vorliegt. Hier kommen dann eine intra- oder postoperative Radiatio in Frage, um das weitere Tumorgeschehen zu begrenzen.
Da Liposarkome sehr rezidivfreudige Tumoren sind, sollte postoperativ eine engmaschige Verlaufskontrolle erfolgen.
Bilder
Abb. 183: Größenvariable Tumorellen mit ovalären bis plump spindelig ausgezogenen Zellkernen und deutlicher Kernpleomorphie.
Abb. 184: Tumor mit bindegewebiger Pseudokapsel und umgebendem Fettgewebe (oben).
Weichgewebe - Lehrtexte
Weichgewebe - weitere Kasuistiken
Weichgewebe - Literatur
Organpathologie-Atlas