Definition
Die Sarkoidose ist eine Multisystemerkrankung unklarer Ursache.2 Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch die Bildung von nichtverkäsenden,4 epitheloidzelligen6 Granulomen in den betroffenen Organen.2 Die Lunge und das lymphatische System sind dabei am häufigsten betroffen.2 Zu einem Befall der Haut, Augen, peripheren Lymphknoten und Leber kann es in ca. 10-25% der Fälle kommen.2 Da die Sarkoidose ein sehr heterogenes Krankheitsbild ist, und neben oben genannten Organen noch andere Manifestationsorte hat,6 wird sie sehr gerne als Cameleon bezeichnet.Epidemiologie
Die Sarkoidose zählt trotz niedriger Prävalenz zu den häufigsten interstitiellen Lungenerkrankungen.6 Sie betrifft vor allem junge Patienten vor dem 50. Lebensjahr mit einem Erkrankungsgipfel im Alter von 20-39 Jahren.1 Die Inszidenz ist weltweit unterschiedlich und variiert je nach Geschlecht, Alter, Rasse und geografischer Herkunft. Sie wird weltweit auf 16,5/100000 bei Männern und 19/100000 bei Frauen geschätzt2 und ist mit 5-40 Fälle pro 100000 Einwohnern in Nordeuropäischen Länder am höchsten.1 Unter 15 Jahren ist die Sarkoidose mit 1/100000 Fällen selten, unter 4 Jahren (Early onset sarcoidosis, EOS) sogar verschwindend gering. (0,06/100000)2 Die Sarkoidose tritt für gewöhnlich sporadisch auf, eine familiäre Häufung wurde in 1,7-17% der Fälle beobachtet.2 Weiterhin konnte belegt werden, dass es für die Sarkoidose eine genetische Prädisposition gibt.6 Eine Genmutation im Eiweiß BTNL2 auf Chromosom 6 steht mit einem erhöhten Risiko an Sarkoidose zu erkranken in Verbindung.9 Mutationen des CART 15-Gens auf Chromosom 16p12-q21prädisponieren für eine familiäre (Blau-Syndrom) oder spontanen Form der frühen Sarkoidose (EOS).9
Pathogenese
Die genaue Ursache der Sarkoidose ist nach wie vor nicht bekannt.1 Ein Merkmal der Erkrankung ist die Anwesenheit von CD4 positiven Zellen die mit antigenpräsentierenden Zellen interagieren und so die Bildung von Granulomen fördern.1 Aktivierte CD4 positive Zellen differenzieren im weiteren Verlauf zu TH1- Zellen.1 Dabei werden insbesondere die zellulären Botenstoffe TNF α, Interferon γ und Interleukin 2 von den Entzündungszellen deutlich vermehrt produziert.1 Die natürlichen Killerzellen sind im peripheren Blut hingegen vermindert, ihre Rolle im Rahmen der Sarkoidose ist noch ungeklärt.1
Neue Hinweise zeigen, dass Sarkoidosepatienten auf an sich harmlose Erreger, wie z. B. ubiquitär vorkommende atypische Mykobakterien und Propionibakterien, mit einer überschießenden Entzündungsantwort reagieren, so dass diese möglicherweise eine Rolle in der Pathogenese spielen könnten.6
Makroskopie
Mikroskopie
Granulome sind kompakt-organisierte histologische Strukturen.1 Zentral enthalten sie Ansammlungen von Makrophagen und Epitheloidzellen (sie können zu mehrkernigen Riesenzellen verschmelzen) die von einem Lymphozytensaum umgeben werden.1 Im weiteren Verlauf kann es in der Granulomperipherie zur Fibrosierung kommen, von denen aus Kollagenfaserbündel in das Innere ziehen und unter Hyalinisierung zunehmend breiter werden.8 Durch Konfluenz der Knötchen können sich größere Schwielenfelder bilden.8 Die Fibrosierung schreitet gewöhnlich hilifugal fort, mit Folge einer narbigen perihilären Schrumpfung des Lungengewebes einschließlich der hilären Lymphknoten.8 In der Peripherie entsteht so ein wabiger Umbau der Lunge mit linsen- bis erbsengroßen, durch derbes Bindegewebe begrenzten, glattwandigen Hohlräumen.8 Eine Lungenfibrose mit restriktiver Ventilationsstörung ist die Folge.8
Bestandteile eines Granuloms
Abb. 467: Epitheloidzellgranulom (Detail) mit Riesenzelle vom Langhans-Typ
Typisch aber nicht pathognomonisch für Riesenzellen sind verschiedene Zytoplasmaeinschlüsse.7
Die Granulome bei Sarkoidose lassen sich histologisch nicht eindeutig von Granulomen anderer Genese unterscheiden.1 Als differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber der Tuberkulose dient das Fehlen von Nekrosen bei der Sarkoidose.7 Dennoch kann es bei jedem dritten Patienten zur Ausbildung kleiner verkäsender Koagulationsnekrosen vor allem in größeren Granulomen kommen.7 Aus diesem Grund sind weitere histologische Aufarbeitungen des Gewebes nötig, so z.B.: Ausschluss säurefester Stäbchen oder Pilze.1
Klinik
Man unterscheidet eine akute Verlaufsform von einem nicht akuten, schleichenden Verlauf.6 Die Sarkoidose verläuft in vielen Fällen asymptomatisch und wird oft bei Röntgen-Thorax Aufnahmen im Rahmen der Routinediagnostik entdeckt.1 Typisch ist die Diskrepanz zwischen einem relativ guten subjektiven Befinden und ausgeprägten objektiven Befunden. (Röntgen Thorax)9
Das Löfgren-Syndrom ist die akute Manifestation der Sarkoidose und beinhaltet eine Sprunggelenksarthritis (häufiger bei Männern), ein Erythema nodosum (häufiger bei Frauen) und die bihiläre Lymphadenopathie.1,2 Zum Löfgren Syndrom kommt es in 9-34% der Fälle.1
Weitere häufige unspezifische Symptome umfassen Müdigkeit, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Fieber und Abgeschlagenheit.1,6 Betroffene Patienten haben häufig einen extrapulmonalen Befall.6
Organmanifestation
Diagnostik
Abb. 481: Röntgen Thorax einer 50. jährigen Patientin. Erkennbar ist eine bilaterale hiläre nicht verdrängende Lymphadenopathie. Bei histologisch gesicherter Sarkoidose entspricht der radiologische Befund einer Sarkoidose Grad I. Quelle: www.rad.rwth-aachen.de/lernprogramm/rh_f.htm_
Am einfachsten erfolgt die radiologische Diagnose der Sarkoidose bei Grad I und II.
Diagnose
Die Diagnose wird mit Hilfe der Klinik und der radiologischen Ergebnisse gestellt. Dies gilt vor allem für das Löfgren-Syndrom. Bei nicht ausreichenden Befunden kann die Histologie zur Rate gezogen werden.1
Differentialdiagnose
Therapie
Ein Großteil der Patienten, (ca. 30-70%2 die an Sarkoidose erkrankt sind, zeigen keine Beeinträchtigung durch die Krankheit und benötigen keine Therapie.1
Die Basis für die Therapie der Sarkoidose bilden systemisch verabreichte Glucocorticoide.2 Sie hemmen die Bildung von Granulomen und sind vor allem bei Herz-, ZNS-, Nieren-, und Augenbeteiligung sowie bei Hyperkalziämie indiziert.2 Weiterhin sollten symptomatische Patienten mit pulmonaler Beteiligung und Grad II und III Manifestationen im Röntgen-Thorax einer Kortisontherapie zugeführt werden.2 Ein internationales Expertengremium schlägt zur initialen Therapie 20-40mg Prednison/d vor.1,5 Nach einem und drei Monaten sollte eine Therapiekontrolle erfolgen.1,5 Sprechen die Patienten auf die Therapie an, kann die Prednisondosis auf 5-15mg pro Tag reduziert werden.1 Mit dieser Dosis wird die Therapie dann für weitere 9-12 Monate fortgeführt.1 Die Dosis darf jedoch nicht zu schnell reduziert werden.1 Gründe für ein mögliches Therapieversagen nach drei Monaten beinhalten unter anderem eine bereits eingetretene Lungenfibrose (Grad IV im Röntgen Thorax), eine mangelnde Compliance oder eine zu niedrige Dosis an Prednison.1
Als weiteres Medikament kann neben dem Prednison noch Methotrexat (10mg/Woche5 ) zum Einsatz kommen.1 Es findet vor allem dann Verwendung, wenn Steroide alleine keine ausreichende Wirkung zeigen2 und kann helfen diese einzusparen, vor allem dann, wenn absehbar ist, dass eine Therapie über einen längeren Zeitraum erfolgen muss.1,5 Azathioprin kann wie MTX zum Einsparen von Steroiden verwendet werden.2
Bei einem Erythema nodosum kann eine nichtsteroidale antientzündliche Therapie oder Colchizin über mehrere Wochen ausreichend sein.2 Hydroxychloroquin kommt vor allem bei Hypercalciämie, Hautbeteiligung und ZNS-Befall zum Einsatz.1 Cyclophosphamid kommt gerne bei kardialer und neurologischer Beteiligung zum Einsatz, vor allem dann, wenn Cortison nicht ausreicht und Thalidomid wird erfolgreich bei Lupus pernio eingesetzt.2
TNF-α Inhibitoren wie Infliximab sind neue Medikamente und haben in kleinen Fallstudien bei therapierefraktärem Lupus pernio, Uveitis und ZNS Befall eine gute Wirksamkeit gezeigt.5 Die Gabe von Infliximab kann mit Cortison kombiniert werden.6 Allerdings ist dieses Präparat trotz erwiesener Wirksamkeit im Rahmen einer internationale Multicenterstudie bisher nicht für die Sarkoidose zugelassen.6Die Studie hatte zwar gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Infliximab zu Prednisolon neben einer lungenfunktionellen Verbesserung auch zu einer Verbesserung der kutanen Sarkoidose führt, dennoch wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht, sodass von Seiten der FDA weitere Studien eingefordert wurden, welche die herstellende Firma jedoch abgelehnt hat.6 Dies hat zur Folge, dass die Kostenübernahme für jeden Patienten im Einzelfall mit der zuständigen Krankenkasse verhandelt werden muss.6 Etanercept ein weiterer TNF-α Inhibitor konnte hingegen bei progredienten Lungenbefall mit dem Endpunkt Dyspnoe, Lungenfunktion und Röntgen Thorax keinen Therapieeffekt zeigen.5
Im Endstadium der Erkrankung kann eine Lungen-, Leber- und Herztransplantationen in Erwägung gezogen werden.2
Empfehlungen und symptomatische Behandlung bei Patienten mit Sarkoidose umfassen eine kalziumarme Diät, meiden von Sonnenlicht bei Hautbeteiligung, Sauerstofftherapie bei Lungenfibrose im Endstadium, Schrittmacher und ICD Implantation bei Rhythmusstörungen, und Antiepileptika bei Krampfanfällen.2
Komplikationen
Prognose
Zur spontanen Ausheilung kommt es bei der akuten Sarkoidose in mehr als 95% der Fälle innerhalb der ersten zwei Jahre.9 Die Spontanheilungsrate bei der chronische Sarkoidose beträgt ca. 70% innerhalb der ersten 1-3 Jahre bei Grad I, bei Grad II beträgt sie nur noch 50% und bei Grad III nur noch ca. 20%.9 Bei einem Viertel der Patienten kann die Sarkoidose chronifizieren.9 Folgende Prognosefaktoren kennzeichnen einen ungünstigen Verlauf: farbige Patienten, Alter >40 Jahre, Lupus pernio, chronische Uveitis, sinunasale und/oder ossäre Beteiligung, Beteiligung des ZNS und/oder des Herzens, Grad III und IV im Röntgen Thorax, chronische Hyperkalziämie und eine Nephrokalzinose.2 Die Lungenfibrose stellt das Endstadium der Sarkoidose dar, und ist die häufigste Ursache für Morbidität und Mortalität im Westen Europas.2 Ca. 20-25% der Patienten entwickeln im Verlauf eine Lungenfibrose.1 Die Mortalität beträgt in etwa 0,5-5% und ist meist Folge einer kardialen Beteiligung, eines ZNS-Befalls oder eines respiratorischen Versagens.1,2 Ein Rückfall ein Jahr nach eingetretener Remission ist selten und betrifft in der Regel weniger als 5% der Patienten.1
Weiterführende Literatur
Medical Progress Sarcoidosis
Michael C. Iannuzzi, M.D., Benjamin A. Rybicki, Ph.D., and Alvin S. Teirstein, M.D.; Medical Progress Sarcoidosis; N Engl J Med 2007; 357:2153-65.
Sarcoidosis (Orphanet Journal of Rare Diseases)
Hilario Nunes, Diane Bouvry, Paul Soler2 and Dominique Valeyre; Sarcoidosis; Orphanet Journal of Rare Diseases 2007, 2:46
Sarkoidose (Internist)
Prasse A, Müller-Quernheim J: Sarkoidose. Internist 50: 581–590, 2009
Referenzen
1 Michael C. Iannuzzi, M.D., Benjamin A. Rybicki, Ph.D., and Alvin S. Teirstein, M.D.; Medical Progress Sarcoidosis; N Engl J Med 2007; 357:2153-65.
2 Hilario Nunes, Diane Bouvry, Paul Soler2 and Dominique Valeyre; Sarcoidosis; Orphanet Journal of Rare Diseases 2007, 2:46
3 Skaidrius Miliauskas, Marius Žemaitis, Raimundas Sakalauskas; Sarcoidosis – moving to the new standard of diagnosis? ; Medicina (Kaunas) 2010; 46(7):443-6
4 Hima B. Prabhakar, Chad B. Rabinowitz, Fiona K. Gibbons, Walter J. O’Donnell, Jo-Anne O. Shepard, and Suzanne L. Aquino; Imaging Features of Sarcoidosis on MDCT, FDG PET, and PET/CT; AJR 2008; 190:S1–S6
5 Vincent Cottin; Update on bioagent therapy in sarcoidosis; F1000 Medicine Reports 2010, 2:13
6 A. Prasse · J. Müller-Quernheim; Sarkoidose; Internist 2009; 50:581–590
7 C. Thomas, Spezielle Pathologie; Schattauer Stuttgart-New York, 1996
8 W. Remmele, Pathologie Bd. 3, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2. Auflage 1996
9 Gerd Herold und Mitarbeiter, Innere Medizin 2010
<< Respirationstrakt - Non-Tumor >>
Respirationstrakt - Non-Tumor - weitere Lehrtexte
Respirationstrakt - Non-Tumor - Kasuistiken
Organpathologie-Atlas
Weiterführende Literatur