UniHD


6.6 Hämatologische Neoplasien


6.6.1 Maligne Lymphome

Maligne Lymphome sind primäre Neoplasien des lymphatischen Gewebes, die sich innerhalb (nodale Lymphome) oder außerhalb von Lymphknoten (extranodale Lymphome) manifestieren können. Aufgrund nosologischer und therapeutischer Erfahrungen trennt man dabei die Hodgkin-Lymphome von den Non-Hodgkin-Lymphomen ab.

  • 10% Hodgkin-Lymphome (Erstbeschreibung von Sir Thomas Hodgkin 1832 als Lymphogranulomatose)
  • 90% Non-Hodgkin-Lymphome

6.6.1.1 Hodgkin-Lymphom


Synonym: Morbus Hodgkin

Definition: Für das Hodgkin-Lymphom sind einkernige große Blasten mit großen Nukleolen (= Hodgkin-Zellen), mehrkernige Tumorriesenzellen (= Sternberg-Riesenzellen) und ein reaktives entzündliches Begleitinfiltrat charakteristisch.

Organbefall: In der Regel sind Lymphknoten befallen. Sekundär können aber auch alle anderen Organe wie die Milz, die Leber, das Knochenmark und die Lunge betroffen sein.

Histologie:

  • Hodgkin-Zellen sind Blasten mit einem bohnenförmigen Kern und einem hellen Karyoplasma, das auffällig große Nukleolen enthält.
  • Sternberg-Riesenzellen (Fusion aus zwei oder mehreren Hodgkin-Zellen) sind große, oft unregelmäßig konturierte Zellen, deren Zellkerne sich häufig überlappen und die sehr große, oft spiegelbildlich angeordneten Nukleolen (= Eulenaugenzellen) enthalten.
  • Lakunenzellen: Ihre Fixation führt zur Schrumpfung des breiten “Zytoplasmagürtels”. Folglich scheinen die Zellen in Höhlen zu liegen.
  • Begleitendes reaktives Infiltrat das vor allem aus T- & B-Lymphozyten, neutro- & eosinophilen Granulozyten sowie aus Histiozyten und Fibroblasten besteht.
WHO-Klassifikation Klinik Merkmale
Klassisches Hodgkin-Lymphom
  • Lymphozytenreicher Typ
  • Nodulär sklerosierender Typ
  • Mischtyp
  • Lymphozytenarmer Typ
Prognose ist stadienabhängig. Lymphozytenarmer Typ ist prognostisch besonders ungünstig. Hodgkin-Reed-Sternberg- (HRS-) Zellen
Nodulär lymphozytenreiches Hodgkin-Lymphom Nur ca. 5% aller Hodgkin-Fälle. Junge Patienten (Altersgipfel: 20-30 Jahre). Gute Prognose. Popkorn-Zellen

Stadieneinteilung nach der Ann-Arbor-Klassifikation
Stadium I Befall einer einzelnen Lymphknotenregion (I) oder lokalisierter Befall eines einzelnen extralymphatischen Organs oder Bezirks (IE).
Stadium II Befall von 2 oder mehr Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells (II) oder lokalisierter Befall eines einzelnen extralymphatischen Organs oder Bezirks und seines (seiner) regionären Lymphknoten mit oder ohne Befall anderer Lymphknotenregionen auf der gleichen Zwerchfellseite (IIE).
Stadium III Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III), ggf. zusätzlich lokalisierter Befall eines extralymphatischen Organs oder Bezirks (IIIE) oder gleichzeitiger Befall der Milz (IIIS) oder gleichzeitiger Befall von beiden (IIIE+S).
Stadium IV Disseminierter (multifokaler) Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne gleichzeitigen Lymphknotenbefall; oder isolierter Befall eines extralymphatischen Organs mit Befall entfernter (nicht-regionärer) Lymphknoten.
Jedes Stadium wird in A- und B-Kategorien unterteilt:
A bei Fehlen definierter Allgemeinsymptome
B bei folgenden definierten Allgemeinsymptomen:
a) unerklärlicher Gewichtsverlust von mehr als 10% in den letzten sechs Monaten und/oder
b) unerklärtes persistierendes oder rekurrierendes Fieber mit Temperaturen über 38°C und/oder
c) starker Nachtschweiß

6.6.1.2 Non Hodkin-Lymphome

Allgemeine Morphologie:

  • neoplastische Proliferation lymphoider Zellen
  • teilweise bis vollständige Durchsetzung des lymphatischen Gewebes mit Tumorzellen
  • Wucherung in Kapsel & Lymphknotenumgebung möglich

Vorkommen:
Non Hodkin-Lymphome sind meist primär in Lymphknoten lokalisiert. Seltener kommt es auch zu einer primären Entstehung in Knochenmark, Milz und Gastrointestinaltrakt.

Einteilungprinzipien der WHO-Klassifikation:

1. Linienzugehörigkeit:
  • Lymphome der B-Reihe: 85-90% der Non Hodgkin-Lymphome
  • Lymphome der T-Reihe:10-15% der Non Hodgkin-Lymphome
2. Reifungsgrad
  • Vorläuferzell-Lymphome vs. reife Lymphome
3. Biologisches Verhalten
  • indolente vs. aggressive Lymphome

Weitere Parameter die bei der WHO-Einteilung der Lymphentitäten berücksichtigt werden sind morphologische Varianten, klinische Subtypen und prognostische Faktoren. Hierzu zählen die Lokalisation, die Zytomorphologie, der Immunphänotyp sowie zytogenetische, molekulare und klinische Befunde. Mit zunehmender molekularer Charakterisierung steigt die Zahl der diagnostisch unterscheidbaren Lymphomentitäten an.

Bearbeiter: Thomas Longerich
Letzte Änderung: 13.07.2024