UniHD


57-jährige Patientin mit Müdigkeit und Wärmeintoleranz



Anamnese
Seit einem Monat progrediente Müdigkeit, Muskelschwäche, Gedächtnisstörung und erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Kälte. Weiterhin besteht trotz Durchfallneigung eine Gewichtszunahme, vermehrter Haarausfall, sowie brüchige Haare und Nägel.

Klinischer Befund
Reduzierter Allgemeinzustand. Ödeme an Extremitäten, im Gesicht und an den Lidern. Temp. 35,8°C, HF 52/min, trockene, rissige und dünne Haut. Vergrößerte Schilddrüse mit tastbaren Knoten rechts.

Bildgebende Diagnostik
Sonographie der Schilddrüse: diffuse, inhomogene Echoveränderung des rechten Lappens.
Szintigraphie: verminderte Radionuklidaufnahme der Schilddrüse.

Laborwerte

Parameter Werte Normbereich
TSH 3,7 0.4-4.0 mU/l
FT4 5,3 8-18 ng/l
FT3 1,9 2.8-5.9 ng/l
TAK 112 100 IU/ml
MAK 146 <100 IE/ml

Somit liegt eine kompensierte hypothyreote Stoffwechsellage mit Erhöhung der Autoantikörper MAK und TAK vor.

Procedere
Subtotale Thyreoidektomie wegen Hashimoto-Thyreoiditis und Z.A. eines Malignoms. Intraoperative Schnellschnittuntersuchung.

Makroskopie:
19 g schweres 5 × 3,5 × 2 cm großes Schilddrüsenpräparat. Auf den Schnittflächen mehrere, bis 2 cm durchmessende bräunliche Knoten erkennbar.

Virtuelle Mikroskopie

Schnellschnittdurchsage
Lymphozytäre Thyreoiditis Hashimoto.

Mikroskopie
Auffällig ein ausgedehntes lymphozytäres Infiltrat sowie Lymphfollikel mit Keimzentren. Nur wenig Gewebe frei von Entzündungszellen. Die Thyreozyten zum Teil onkozytär transformiert.

Diagnose:
Lymphozytäre Thyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis)

Klinischer Verlauf
Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Es erfolgte eine LT4-Substitution bei ausgeprägter Hypothyreose.

Klinische Korrelation
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung mit Bildung autoreaktiver Antikörker gegen den TSH-Rezeptor, Thyreoglobulin und die thyroidale Peroxidase. Dementsprechend erhöhen sich die Titer von TAK (Thyreoglobulin-AK) und Antikörper gegen TPO (thyroidale Peroxidase, auch MAK, mikrosomale Antikörper genannt).

Gelegentlich ist diese Erkrankung mit anderen Autoimmunkrankheiten assoziiert. In Frage kommen hier M. Addison, Sjögren-Syndrom, perniziöse Anämie, Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, DM Typ I und die primäre billiäre Zirrhose.

Die Krankheit verläuft i.d.R. schleichend-progredient. Am Anfang steht eine langsame, nicht schmerzhafte Größen- und Konsistenzzunahme der Schilddrüse. Histologisches Korrelat ist in diesem Stadium das entzündliche Infiltrat mit Zerstörung der Thyreozyten. Im Anfangsstadium kommt es daher zunächst zu einer Hyperthyreose, später dann bei Verlust des funktionenellen Gewebes und narbigem Ersatz zu einer Hypothyreose.

Die Krankheit tritt häufig bei einer hormonellen Umstellung wie Pubertät, Entbindung oder Menopause auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer (2-5:1).

Therapie der Wahl ist die Hormonsubstition (bei Hypothyreose) oder die Gabe von Thyreostatika (bei Hyperthyreose).
Klassischerweise stellt die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis keine Indikation für eine OP dar. Liegt jedoch ein Strumaknoten Grad III vor (mit/ohne Schluck-, Sprech- und Atemstörungen) oder besteht der hochgradige Verdacht auf ein Karzinom, wird die Thyreoidektomie empfohlen. Bei Hashimoto-Thyreoiditis ist eine erhöhte Inzidenz von papillären Schilddrüsenkarzinomen bekannt.

Bearbeiter: Christa Flechtenmacher
Letzte Änderung: 17.06.2018