UniHD


39-jährige Patientin mit tastbarem Knoten an der rechten Halsseite



Anamnese
Anamnestisch seit mehreren Wochen verstärktes Schwitzen, feuchte Haut, und erhöhter Pulsschlag. Weiterhin gab die Patientin an, einen Knoten am Hals gespürt zu haben.

Laborwerte

Parameter Werte Normbereich
TSH 0,02 0,4-4,0 mU/l
freies T3 4.43 2,0-4,2 ng/l
freies T4 21,69 8-18 ng/l
Thyreoglobulin <0.8 <2 ng/ml
Thyreoglobulin AK <10 60 IU/ml
Calcium 1.87 2,1-2,65 mmol/l
Phosphat 1.19 0,8-1,5 mmol/l
Calcitonin 2.9 0-5,5 pg/ml
Parathormon intakt 1.5 1,3-7,6 pmol/l

Somit liegt eine gering hyperthyreote Stoffwechsellage mit Erhöhung von T3/T4 bei erniedrigtem TSH vor.

Bildgebung
In der Szintigrafie stellte sich ein kalter Knoten rechts dar.

Procedere
Es wurde eine Schilddrüsenteilresektion mit intraoperativer Schnellschnittuntersuchung durchgeführt.

Makroskopie
37 g schweres, ca. 7 × 5 × 3 cm messendes, linksseitiges Schilddrüsenpräparat in zwei Teilen unter Einschluss eines scharf begrenzten, ca. 3,5 cm durchmessenden Knotens mit rotbräunlichen Schnittflächen.

Virtuelle Mikroskopie

Schnellschnittdurchsage
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom.

Weiteres operatives Vorgehen
Vollständige Thyreoidektomie mit zentraler Neckdissection.

Mikroskopie
Histologisch ist eine epitheliale Neoplasie bestehend aus teils mikrofollikulären, teils soliden Zellformationen mit größenvariablen Kernen mit prominenten Nukleolen und onkozytärem Zytoplasma erkennbar. Nachweis von Gefäßeinbrüchen. Überwiegend kapselartige Begrenzung, fokal ein Kapseldurchbruch nachweisbar. Der Tumor wurde knapp im Gesunden entfernt.

Diagnose
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom, onkozytäre Variante. Tumorgröße 3,5 cm.
TNM-Klassifikation: pT2
R-Klassifikation: R0

Adjuvante Therapie
Aufgrund der Diagnose eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms wurde adjuvant eine Radioiodtherapie mit 4 GBq Iod-131 über 3 Wochen durchgeführt.

Klinischer Verlauf
Postoperativ entwickelte die Patientin einen Hypoparathyreoidismus, weil es intraoperativ offenbar zu einer Verletzung der Nebenschilddrüsen gekommen war. Es erfolgte die Gabe von Calcium. Weiterhin wurden zur Substitution der Schilddrüsenhormone L-Thyroxin 200 µg tgl. gegeben.

In den folgenden Nachsorgeunterusuchungen zeigten sich keine Besonderheiten.
Klinische Untersuchung: Puls regelmäßig 72/min , konstantes Gewicht, kein Tremor
Zervikaler Tastbefund: Unauffällig mit reizlosen Narbenverhältnissen, keine vergrößerten Lymphknoten.
Sonografie der Schilddrüsenregion und des Halses: Zn. totaler Threoidektomie, kein Hinweis für ein Rezidiv oder dem Vorliegen von Lymphknotenmetastasen.

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Klinische Korrelation
Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom ist der häufigste maligne Schilddrüsentumor im Kropfendemiegebiet. Als onkozytäre Variante (Synonym: Hürthle-Tumor) werden follikuläre Karzinome bezeichnet, welche überwiegend aus onkozytären Zellen bestehen (mehr als 75%). Patienten mit einer onkozytären Variante des follikulären Karzinoms scheinen einen aggressiveren Verlauf zu haben, bedingt durch eine höhere Frequenz von Schilddrüsenüberschreitendem Wachstum, Lokalrezidiven und Lymphknotenmetastasen.

Bei den meisten Schilddrüsenkarzinompatienten liegt zum Zeitpunkt der Diagnose eine Euthyreose vor. Gelegentlich kann aber auch wie in diesem Fall eine Hyperthyreose vorliegen, bedingt durch eine massive Hormonfreisetzung aus durch Tumorwachstum zerstörten Follikeln.

Der Nachweis von Gefäßeinbrüchen ist neben dem Kapseldurchbruch ein Diagnosekriterium für das follikuläre Karzinom und grenzt dieses vom follikulären Adenom ab. Aufgrund der Blutgefäßinvasion kommt es zu hämatogenen Metastasen. Lymphknotenmetastasen finden sich im Unterschied zum papillären Karzinom seltener (bei Diagnosestellung etwa 5% beim klassischen Typ, etwa 30% beim onkozytären Typ).

Eine Thyreoidektomie mit Lymphknotenentfernung und Radiojodablation sollte unabhängig von der Tumorgöße bei allen follikulären Karzinomen erfolgen.

Bearbeiter: Christa Flechtenmacher
Letzte Änderung: 17.06.2018