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5.5 Alkoholtoxische Leberschäden


Die alkoholtoxische Leberzirrhose ist eine häufige Ursache für die Entwicklung einer Leberzirrhose mit ihren Komplikationen (z.B. portale Hypertension).

Toxizität

Ethanol wirkt toxisch auf die Hepatozyten, die Wirkung ist aber individuell unterschiedlich. Bei ca. 25% der Alkoholiker kommt es im Verlauf zur Leberzirrhose. Ethanol wird in der Leber zu Acetaldehyd und Acetat abgebaut, wobei beim gesunden Menschen pro Stunde ungefähr 7–10 g Ethanol eliminiert werden. Der Hauptabbau erfolgt durch die Alkoholdehydrogenase, ein im Zytosol vorhandenes Enzym, das die Oxidation von Ethanol zu Acetaldehyd katalysiert. Acetaldehyd wird durch die Aldehyddehydrogenase dann zu CO2 und Wasser oder im Rahmen des Zitronensäurezyklus zu anderen Verbindungen (z.B. Fettsäuren) umgewandelt. Mit geringerer Effizienz wird Ethanol auch von einem NADPH- und Cytochrom-P450-abhängigen mikrosomalen Ethanol-oxidierenden System zu Acetaldehyd metabolisiert. Die damit zusammenhängende Störung des Fettstoffwechsels führt zur Fettleber. Das Alkoholabbauprodukt Acetaldehyd wirkt toxisch und schädigt die Zellmembranen und Zellskelettkomponenten (z.B. Mikrotubuli). Ferner steigert Acetaldehyd die Kollagensynthese, aktiviert Komplement, erhöht die Lipidperoxidation und interferiert mit dem mitochondrialen Elektronentransport.

Morphologie
Beim alkoholischen Leberschaden kommt es zunächst zur Fettleber und zur Fettleberhepatitis, bei längerem Verlauf dann zum progredienten fibrotischen Umbau und zur manifesten Leberzirrhose.

  • Alkoholische Fettleber. Makroskopisch ist die Leber deutlich vergrößert, weich und gelblich. Histologisch finden sich klein- oder großtropfige Lipidvakuolen im Zytoplasma der Leberzellen. Bei geringgradiger Ausprägung ist die Verfettung meist auf läppchenzentrale Areale beschränkt, bei schweren Formen ist die Verfettung diffus. Die Mitochondrien sind häufig vergrößert (gelegentlich kommt es zur Ausbildung von Megamitochondrien, die nahezu Zellkerngröße erreichen können!). Das glatte endoplasmatische Retikulum ist als Ausdruck der Enzyminduktion vermehrt.
  • Alkoholische Hepatitis (Steatohepatitis). Die alkoholische Hepatitis ist histologisch charakterisiert durch läppchenzentral betonte Leberzellnekrosen, neutrophile granulozytäre Infiltrate und das Auftreten sog. Mallory-Denk-Bodies (sogenanntes alkoholisches Hyalin) in den Hepatozyten. Das Ausmaß der begleitenden Leberzellverfettung steht in keinem direkten Zusammenhang zum Schweregrad der alkoholischen Hepatitis. Die beschriebenen morphologischen Veränderungen sind nicht alkoholspezifisch und können auch bei anderen Erkrankungen (z.B. metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD), M. Wilson, diversen Stoffwechselerkrankungen oder medikamentös induzierten Leberschädigungen) nachgewiesen werden.
  • Alkoholische Leberzirrhose. Für die Entwicklung der Leberzirrhose sind hauptsächlich die im Rahmen der alkoholischen Hepatitis auftretenden Leberzellnekrosen verantwortlich. Die alkoholische Leberzirrhose ist meist kleinknotig. Häufig sind Leberzellbalken und kleinere Leberzellgruppen durch schmale Bindegewebssepten separiert, so dass ein Maschendraht-ähnliches Fibrosebild (perisinusoidale Fibrose) entsteht. Aktive Zirrhosen sind durch Fortbestehen des entzündlichen und nekrotisierenden Geschehens charakterisiert. Bei inaktiven Zirrhosen fehlt zum Untersuchungszeitpunkt eine nennenswerte entzündliche Aktivität.

Klinisch-pathologische Korrelationen
Patienten mit alkoholischer Fettleber sind klinisch fast immer asymptomatisch, d.h. ohne pathologische Befunde. Die Leberbiopsie ist in diesem Stadium eine wichtige diagnostische Maßnahme. Das klinische Bild der alkoholischen Steatohepatitis ist ebenfalls variabel, kann aber in schweren Fällen mit Ikterus, Fieber und Leukozytose einhergehen. Alkoholische Fettleber, kombiniert mit Cholestase, Hämolyse und Hyperlipidämie, wird als Zieve-Syndrom bezeichnet. Die Prognose hängt vom Schweregrad des Leberzellschadens ab; die Letalität erreicht 30%. Bei Alkoholkarenz ist die alkoholische Hepatitis reversibel. Es bleiben aber häufig Residuen (Fibrose) zurück. Bei kontinuierlichem Alkoholmissbrauch entwickelt ein recht hoher Prozentsatz (ca. 25-30%) der Patienten mit alkoholischer Hepatitis eine Leberzirrhose.

Bearbeiter: Peter Sinn
Letzte Änderung: 13.07.2024