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5.2.3 Alkoholtoxische Leberschäden


Die alkoholtoxische Leberzirrhose ist die häufigste Ursache für den zirrhotischen Paremchymumbau der Leber mit feinknotigen Parenchymveränderungen, konsekutiven Funktionsstörungen sowie portaler Hypertension.

Toxizität
Äthanol wirkt toxisch auf die Hepatozyten, die Wirkung ist aber individuell unterschiedlich. Bei ca. 25% der Alkoholiker kommt es im Verlauf zur Leberzirrhose. Äthanol wird in der Leber zu Acetaldehyd und Acetat abgebaut, wobei beim gesunden Menschen pro Stunde ungefähr 7–10 g Äthanol eliminiert werden. Der Hauptabbau erfolgt durch die Alkoholdehydrogenase, ein im Zytosol vorhandenes Enzym, das die
Oxidation von Äthanol zu Acetaldehyd katalysiert. Acetaldehyd wird durch die Aldehyddehydrogenase dann zu CO2 und Wasser oder im Rahmen des Zitronensäurezyklus zu anderen Verbindungen (z.B. Fettsäuren) umgewandelt. Mit geringerer Effizienz wird Äthanol auch von einem NADPH- und Cytochrom-P450-abhängigen mikrosomalen Äthanol-oxidierenden System zu Acetaldehyd metabolisiert. Die damit zusammenhängende Störung des Fettstoffwechsels führt zur Fettleber. Das Alkoholabbauprodukt Acetaldehyd wirkt toxisch und schädigt die Zellmembranen und Zellskelettkomponenten (z.B. Mikrotubuli). Ferner steigert Acetaldehyd die Kollagensynthese, aktiviert Komplement, erhöht die Lipidperoxidation und interferiert mit dem mitochondrialen Elektronentransport.

Morphologie
Beim alkoholischen Leberschaden kommt es zunächst zur Fettleber und zur Fettleberhepatitis, bei längerem Verlauf dann zum zirrhotischen Umbau und zur manifesten Leberzirrhose.

  • Alkoholische Fettleber. Makroskopisch ist die Leber deutlich vergrößert, weich und gelblich. Histologisch finden sich klein- oder großtropfige Lipidvakuolen im Zytoplasma der Leberzellen. Bei geringgradiger Ausprägung ist die Verfettung meist auf läppchenzentrale Areale beschränkt, bei schwereren Formen ist die Verfettung diffus. Die Mitochondrien sind häufig vergrößert (gelegentlich kommt es zur Ausbildung von Megamitochondrien, die nahezu Zellkerngröße erreichen können!). Das glatte endoplasmatische Retikulum ist als Ausdruck der Enzyminduktion vermehrt.
  • Alkoholische Hepatitis (Steatohepatitis). Die alkoholische Hepatitis ist histologisch charakterisiert durch läppchenzentrale Leberzellnekrosen, neutrophile granulozytäre Infiltrate und das Auftreten sog. Mallory-Körper (alkoholisches Hyalin) in den Hepatozyten. Die häufig begleitende Leberzellverfettung steht in keinem sicheren Zusammenhang zum Schweregrad der alkoholischen Hepatitis. Die beschriebenen morphologischen Veränderungen sind aber nicht alkoholspezifisch und können partiell aber auch zur Gänze ebenfalls bei anderen Erkrankungen (z.B. bei krankhafter Fettsucht, Typ-II-Diabetes-mellitus, M. Wilson, indischer frühkindlicher Leberzirrhose, diversen Stoffwechselerkrankungen oder medikamentös induzierten Leberschädigungen) nachgewiesen werden. Bei Auftreten im Zusammenhang mit Adipositas und/oder Typ-II-Diabetes-mellitus (Insulinresistenz!) wird von nichtalkoholischer Steatohepatitis (NASH) gesprochen. Diese Erkrankung gewinnt zunehmend an Bedeutung (auch als Ursache einer Leberzirrhose).
  • Alkoholische Leberzirrhose. Für die Entwicklung der Leberzirrhose sind hauptsächlich die im Rahmen der alkoholischen Hepatitis auftretenden Leberzellnekrosen verantwortlich. Die alkoholische Leberzirrhose ist meistens kleinknotig. Gelegentlich sind Leberzellen und kleinere Leberzellgruppen durch schmale Bindegewebssepten dissoziiert, so dass ein maschendrahtähnliches Fibrosebild entsteht. Aktive Zirrhosen sind durch Fortbestehen des entzündlichen und nekrotisierenden Geschehens charakterisiert. Bei inaktiven Zirrhosen (Fehlen des Entzündungsprozesses) ist die alkoholische Genese nicht mehr sicher erkennbar. Klinische und experimentelle Verlaufsuntersuchungen weisen aber darauf hin, dass eine Leberzirrhose in seltenen Fällen auch ohne erkennbare Nekrosen und Entzündung über eine perizelluläre Fibrose entstehen kann.

Klinisch-pathologische Korrelationen
Patienten mit alkoholischer Fettleber sind klinisch fast immer asymptomatisch, d.h. ohne pathologische Befunde. Die Leberbiopsie ist in diesem Stadium eine wichtige diagnostische Maßnahme. Das klinische Bild der alkoholischen Hepatitis ist ebenfalls variabel, kann aber in schweren Fällen mit Ikterus, Fieber und Leukozytose einhergehen. Alkoholische Fettleber, kombiniert mit Cholestase, Hämolyse und Hyperlipidämie, wird als Zieve-Syndrom bezeichnet. Die Prognose hängt vom Schweregrad des Leberzellschadens ab; die Letalität erreicht 30%. Bei Alkoholkarenz ist die alkoholische Hepatitis reversibel. Es bleiben aber häufig Residuen (Fibrosen) zurück. Bei kontinuierlichem Alkoholmissbrauch entwickelt ein recht hoher Prozentsatz (ca. 30%) der Patienten mit alkoholischer Hepatitis in relativ kurzer Zeit (1–2 Jahren) eine Leberzirrhose.

Bearbeiter: Peter Sinn
Letzte Änderung: 5.08.2012