UniHD


63-jähriger Patient mit Teerstuhl und Nachtschweiß



Anamnese
Einmaliges Absetzen von Teerstuhl. Weiterhin seit ca. 2 Jahren starker Nachtschweiß (ca. 14 Tage/Monat) und Gewichtsverlust (3kg innerhalb von einem Monat) trotz normalem Appetit. Keine Dysphagie bei flüssiger oder fester Nahrung, keine Hämatemesis. Weitere Angaben: 30 pack-years Nikotinabusus, kein Alkoholabusus.

Diagnostik
Gastroskopie: Auf Grund des einmaligen Absetzens von Teerstuhl wurde eine Gastroskopie durchgeführt. Es zeigte sich hier ein großer Tumor ca. 5 × 2 cm mit zentraler Ulzeration im Übergang Korpus/Antrum. Der histologische Befund ergab ein Siegelring-Karzinom vom diffusen Typs nach Lauren.
Endosonografie: In der durchgeführten Endosonographie zeigte sich ein ulzerierter Magentumor im Bereich des Korpus-/Antrumübergangs. Endosonographisch wird die Muskularis infiltriert, an einigen Stellen auch die Serosa, benachbarte Strukturen sind nicht infiltriert, somit uT3 (max. Dicke 9 mm). Es finden sich lokoregionär auch im Bereich des Tr. coeliacus mehrere LK bis 10 mm. Beim Rückzug stellten sich zudem paraösophageal mehrere deutlich vergrösserte, echoarme und polyzyklisch begrenzte, suspekte LK dar. 552 552
Umfelddiagnostik: In der CT- Abdomenuntersuchung zeigte sich ein grenzwertig vergrößerter Lymphknoten kleinkurvaturseitig. Vereinzelte Lymphknoten paraaortal, aortocaval. Parenchymatöse Oberbauchorgane ohne metastasenverdächtige Läsionen in portalvenöser Phase. Im CT Thorax Kein Anhalt für intrapulmonale Rundherde. Kein Anhalt von weiteren Organmetastasen. Ein Knochenszintigramm zum Ausschluss Knochenmetastasen ist erfolgt.

Weiterer Verlauf
Der Pat. wurde im Rahmen einer Magenkarzinomstudie mit dem Antikörper Catumaxumab vorbehandelt; weiterhin wurde die Indikation zur neoadjuvanten Chemotherapie gestellt (neoadjuvante Chemotherapie mit Oxaliplatin, Capecitabin und Epirubicin), sowie eine intraoperative und postoperative Applikation des trifunktionellen Antikörpers Catumaxomab durchgeführt.
Die neoadjuvante Therapie wurde in einem Zeitraum vom 2,5 Monaten durchgeführt.

3 Zyklen EOX neoadjuvant:

Medikament Dosis Tag der Einnahme
Epirubicin 50 mg/m² Bolus Tag 1
Oxaliplatin 130 mg/m² 4 h Tag 1
Capecitabin 1250 mg/m² in 2 Dosen Tag 1-21
Wiederholung Tag 22

Der Patient vertrug die Chemotherapie mit Ausnahme von gastrointestinalen Beschwerden und einer gering ausgeprägten Polyneuropathie der Finger insgesamt ganz gut.

Restaging Bei einem erneuten CT-Thorax-Abdomen zum Restaging hatte sich keine Änderung der Situation des Primärtumors, aber ansprechende Lymphknotenmetastasen gezeigt. Insgesamt zeigte sich eine stabile Erkrankung mit größenregredienten LK in der kleinen Kurvatur. Das präoperative Re-Staging hatte eine Minor-Response mit No Change-Situation des Primärtumors, aber Ansprechen der Lymphknotenmetastasen gezeigt.

Nach Komplettierung der neoadjuvanten Therapie und adäquatem Intervall zur Operation wurde die Indikation zur Resektion gestellt.

Prozedere
Subtotale Gastrektomie mit 4/5 Resektion, D2 Lymphadenektomie, einschl. retropankreatischer Lymphknotenstationen, Implantation eines Ports und Antikörperapplikation von 10 µg Catumaxumab. Weiterhin Anlage eines Cystofix, Cholecystektomie und Rekonstruktion mit Gastrojejunostomie End-zu-Seit sowie Roux-Y-Anastomose Seit-zu-Seit.
Der Tumor ließ sich im Bereich des Antrum tasten, er hat die Serosa im Sinne eines pT3-Tumors erreicht. Es zeigten sich intraoperative keine Lebermetastasen und keine Peritonealkarzinose.

Makroskopie
Gastrektomiepräparat. Am Übergang Antrum/Corpus findet sich eine zentral ulzerierte, mit Blutkoagel belegte und max. 2 × 1 cm große tumorverdächtige Läsion. Die Magenwand verdickt. Die übrige Schleimhaut ist bei erhaltenem Faltenrelief unauffällig.

Virtuelle Mikroskopie

Diagnose
Siegelringzellkarzinom der Magenschleimhaut (Magenkarzinom vom diffusen Typ nach Lauren) mit geringen regressiven Veränderungen bei Z.n. Chemotherapie.

TNM-Klassifikation: ypT2b, ypN1 (2/37)
R-Klassifikation: R0

Klinischer Verlauf
Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos.

Zwei Wochen später musst die Antikörpertherapie aufgrund von Schüttelfrost, Fieber und Kreislaufbeschwerden abgebrochen werden. Es folgte daraufhin die Entfernung des einliegenden Ports im Bauch.

Mit dem Patienten wurde eine regelmäßige Tumornachsorge im Verlauf (Gastroskopie, CT-Thorax/Abdomen, Tumormarker) besprochen, die er auch regelmäßig wahrnahm.

Ein halbes Jahr später zeigte die durchgeführte ÖGD einen Polypen im Bereich der Anastomose. Es wurden daraufhin mehrere PE entnommen.

  1. PE Anastomose: Die Biopsate aus dem Anastomosenbereich zeigten eine regelhaft strukturierte, zottig konfigurierte Dünndarmschleimhaut ohne einen sprue-typischen Schleimhautbefund. Keine Lambliasis, kein Morbus Whipple. Weiterhin beiliegend Magenschleimhaut vom Corpustyp, ebenfalls ohne signifikantes Entzündungsinfiltrat, mikroskopisch kein Nachweis von Helicobacter pylori.
  2. PE Anastomose: Hier zeigte die Magenschleimhaut vom Corpustyp eine beginnende Bildung von kleineren Drüsenkörperzysten. Mikroskopisch kein Nachweis von HP. Im vorliegenden Material kein Anhalt für Malignität, insbesondere kein Anhalt für ein klinisch angegebenes Siegelringzellkarzinom.

Das durchgeführte CT-Abdomen/Thorax sowie die Kontrolle der Tumormarker CA 19-9, CEA und CA 72-4 zeigten keinen Anhalt für ein malignes Geschehen.

Klinische Korrelation
Bei Siegelringkarzinomen handelt es sich um schleimproduzierende Adenokarzinome mit Schleimansammlungen intrazellulär. Dies führt dazu, dass die Kerne an den Rand der Zelle gedrückt werden. Da dieses Phänomen Ähnlichkeit mit einem Siegelring zeigt, führte dies zur Namensgebung der Zellen. Die Muzinproduktion lässt sich mit der PAS-Färbung tief rot darstellen.

Siegelringkarzinome können prinzipiell in allen Abschnitten des Gastrointestinaltrakts, vereinzelt auch in anderen Organen, vorkommen. Bevorzugt kommen sie jedoch im Magen vor. Weitere schleimproduzierende Adenokarzinome sind die muzinösen Adenokarzinome, diese zeigen extrazelluläre Schleimablagerungen.

Eine Besonderheit sind Abtropfmetastasen auf die Ovarien, auch Krukenbergtumor genannt, welche eine besondere Form der Ovarialmetastasierung darstellen. Hierbei handelt es sich um eine kavitäre Metastasierung im Peritonealraum deren Ursprung meist ein Siegelringzellkarzinoms der Magenschleimhaut ist.

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 17.06.2018

Kasuistiken Mikro

Pathofälle

  Kasuistiken Mikro  

Bilder

175-H

Abb. 175: Magenkarzinom vom diffusen Typ nach Lauren. Erkennbar sind Tumorzellen von geringer Größe mit Schleimbildung Schleimsekretion in das umgebende Stroma bzw. Schleimretention in den Zellen (Siegelringzellen).

Magen - weitere Kasuistiken

Magen - Literatur

Organpathologie-Atlas