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4.4 Embolie


Ein Embolus ist ein mit dem Blut verschlepptes korpuskuläres Material, welches an anderer Stelle die Strombahn verlegt.

Am häufigsten handelt es sich dabei um thrombotisches Material, d.h um eine Thrombembolie. Der Embolus kann seinen Ursprung entweder im venösen oder im arteriellen System haben. Bei der am häufigsten auftretenden Lungenembolie wird Material aus dem venösen System, z.B. einer Beinvene, in die Lunge verschleppt.

Bei der arteriellen Embolie wird ein arterieller Thrombus (atheromatöser Plaque) in das periphere arterielle System verschleppt, es resultiert ggf. ein Infarkt. Auch das Herz kann Ausgangspunkt einer Embolie sein: Vegetationen, die sich bei einer Klappenendokarditis bilden, werden in das arterielle System verschleppt und verursachen hier periphere Infarkte. Von einer Tumorzellembolie spricht man, wenn Tumorfragmente ausgeschwemmt werden und Metastasen bilden. Seltene Formen der Embolie sind die Fettembolie, die Luftembolie oder die Fruchtwasserembolie. Eine Sonderform der Embolie stellt die paradoxe Embolie dar: bei offenem Foramen ovale kann es bei gleichzeitiger Druckerhöhung im kleinen Kreislauf zum Übertritt von Emboliematerial in den großen Kreislauf kommen. Das embolische Material (Thromben) verursacht dann periphere Infarkte.

Die Lungenembolie hat ihre Ursache in einer venösen Thrombose. Rund 95% der venösen Thrombosen entsteht in den Beinvenen, die übrigen in Beckenvenen, und sehr wenige in den intrakraniellen venösen Sinus. Daher werden die meisten Embolien aus dem venösen System in den Lungenkreislauf transportiert und verursachen eine Lungenembolie. Nur bei der seltenen paradoxen Embolie können venöse Thromben in die arterielle Strombahn übertreten.

Die Folgen der Lungenembolie sind abhängig von der Größe und der Anzahl der Emboli. Kleinere, periphere Lungenembolien können unbemerkt bleiben oder geringe Symptome verursachen. Sie werden innerhalb von wenigen Tagen lysiert oder organisieren sich und können bei wiederholten, kumulierten Embolien dazu führen, dass eine ständige wenn auch geringe Atemnot auftritt. Über einen längern Zeitraum hinweg führt die Anhäufung solcher Schäden zu einer sogenannten “idiopathischen” pulmonalen Hypertonie.

Eine zweite Verlaufsform pulmonaler Embolien führt bei Perfusionsausfällen in größeren Stromgebieten zu akuten Atemwegs-und Herzproblemen mit Kurzatmigkeit durch die blockierten Gefäße. Dieser Perfusionsdefekt verursacht eine Druckerhöhung und damit eine Rechtsherzbelastung, die im EKG als sog. S1-Q3-T3 Muster zu sehen ist. Weiter kann es zu akuten thorakalen Schmerzen ggf. auch zu pleuralen Schmerzen bei peripherem Lungeninfarkt kommen. Obwohl eine Heilung bei spontaner oder medikamentös induzierter Lyse möglich ist, besteht die große Gefahr eines Rezidivs mit schließlich tödlichem Ausgang. Daher ist sowohl für die Therapie der Embolisation als auch für die Behandlung der ursächlichen Thrombose eine medikamentöse Lyse unbedingt erforderlich.

Als dritte Verlaufsform kann die massive fulminante Lungenembolie angesehen werden, die zum plötzlichen Tod führt. Ursächlich sind in der Regel längere Bein- oder Beckenvenenthromben, die in die großen Pulmonalarterien verschleppt werden und diese verschließen. Diese großen und häufig fingerdicken Emboli werden bei der Obduktion in Form eines reitenden Embolus auf der Gabelung einer der großen Pulmonalarterien gefunden.

Bearbeiter: Thomas Longerich
Letzte Änderung: 1.01.2024