Anamnese
Vorstellung wegen rezidivierender Ergüsse in der Vergangenheit. Aktuell erneut Dyspnoe bei Erguss, daneben Schmerzen in der rechten Thoraxwand. Anamnestisch ist eine Asbestexposition bekannt
Körperliche Untersuchung
Guter AZ und EZ. Lunge: rechts abgeschwächtes Atemgeräusch, links sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch, keine feuchten Rasselgeräusche. LK unauffällig. Herz: normofrequente regelmäßige Herzaktion.
Bildgebung
Röntgen Thorax:
Abb. 355: Röntgen Thorax; an der lateralen Thoraxwand von der Pleurakuppel bis in den Randwinkel des rechten Hemithorax reichende 1-2 cm breite Pleuraverdickung. En face getroffen erzeugen die Pleuraverdickungen flaue rundliche Fleckschatten über allen Lungenfeldern. Lateraler Randwinkel verschattet, Mediastinalkontur rechts durch rundliche Verschattungen deformiert und aufgeweitet.
CT-Thorax:
Abb. 447: CT-Thorax (Knochenfenster): Erkennbar ist eine ca. 1-2cm dicke Ummauerung der rechten Lunge.
Abb. 448: CT-Thorax (Weichteilfenster): Gut erkennbar eine Unregelmäßige Verdickung der Pleura mit Ummauerung der rechten Lunge.
Procedere
Es erfolgte eine Videothorakoskopie rechts. Entnahme diverser Pleurabiopsien, Keilresektion Segment 10 sowie Talkumpleurodese. Zuvor ließen ca. 1000ml Erguss entlasten.
Makroskopie
Rechter Unterlappenkeil von ca. 4,5 × 1 × 0,5 cm mit zahlreichen max. 0,5 cm grossen weisslichen Pleuraknoten. Daneben weiterere weisslich verdickte Pleurabiopsate.
Virtuelle Mikroskopie
HE-Färbung
Diagnose
Epitheloides Pleuramesotheliom mit Infiltration des Lungenparenchyms.
Mikroskopie
Pleura visceralis mit Anteilen eines teils solide, teils tubulär bzw. azinär und teils papillär gebauten malignen Tumors mit Übergreifen auf das benachbarte Lungenparenchym sowie in der Pleura parietalis.
Immunhistochemie
Immunhistochemisch sind die Tumorzellen positiv für Kalretinin, Zytokeratin (KL1, CK5/6) und teilweise auch für Vimentin. Eine spezifische Immunreaktion gegen CK 7, BerEP4, CEA oder TTF-1 blieb aus. Histochemisch sind die Tumorzellen überwiegend PAS-negativ.
Virtuelle Mikroskopie. PE Pleura rechts.
CK7-Färbung
CEA-Färbung
Weiterer Verlauf
Postoperativ erfolgte eine Chemotherapie mit Pemetrexed (ALIMTA) und Carboplatin. (Trimodales Konzept) Nach zwei Zyklen zeigte sich ein thorakaler Progress. Es folgte die Umstellung auf Cisplatin und Gemcitabin. Da sich nach weiteren drei Zyklen nur eine partielle Remission zeigte, entschied man sich ein halbes Jahr später zu einer erweiterten Pleuropneumonektomie mit Perikard und Zwerchfellresektion. Postoperativ erfolgte eine intensitätsmodulierte Radiotherapie mit 54Gy.
Ein Jahr später fand man im Rahmen der Nachsorgeuntersuchung retrosternal ein lokoregionäres Rezidiv mit Infiltration der 9.Rippe rechts sowie gastrale Metastasen. Es erfolgte eine Reexpositionstherapie mit Cisplatin und Gemcitabine , welche bereits im 2. Zyklus aufgrund einer Thombopenie reduziert werden musste. Das Restageing zwei Monate später ergab eine Partialremission. Es erfolgte eine Therapieumstellung auf Carboplatin/Gemcitabine. Das erneute Restaging nach nun insgesamt 6 Zyklen ergab eine weitere Tumorprogression mit Brustwandbefall im rechten Untergeschoss, zunehmender Metastasenherde links pleural sowie neu erkennbarer Metastasierung links pulmonal und hepatisch. Daneben ein erneuter Erguss links pleural und peritoneal.
Es erfolgte die stätionäre Aufnahme zur 3rd-line Chemotherapie mit Monogemcitabine.
Bei der Aufnahme zeigte sich der Patient im reduzierten Allgemeinzustand. Seit ca. 7 Wochen zunehmende Dyspnoe, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und gelegentliche Oberbauchbeschwerden. Keine B-Symptomatik.
Die Chemotherapie konnte unter supportiven Maßnahmen verabreicht werden, und wurde vom Patienten gut vertragen. Eine Anämie wurde mit zwei EKs auftransfundiert. Ein zweiter Zyklus wurde geplant.
Kommentar
Die meisten Pleuramesotheliome sind Folge einer umwelt- bzw. berufsbedingten Asbestexposition.
Das symptomfreie Intervall zwischen Beginn des Tumorwachstums und klinischer Manifestation kann zwischen 25-45 Jahre betragen. Das Tumorwachstum beginnt in der Pleura in Form multipler Knoten, welche erst später miteinander fusionieren und so schließich die Lunge ummauern.
Erste Symptome sind gewöhlich rezidivierende Pleuraergüsse, im weiteren Verlauf kommen Thoraxschmerzen und Dyspnoe hinzu.
Im Frühstadium der Erkrankung ist in kurativer Intention die extrapleurale Pleuropneumonektomie mit adjuvanter Radiatio und Chemotherapie (Kombination aus Cisplatin und Gemcitabin) anzustreben. Sollte sich der Tumor intraoperativ als nicht resektabel erweisen, kann die parietale Pleurektomie zur Vermeidung rezidivierender Pleuraergüsse palliativ vorgenommen werden. Alternativ kann bei rezidivierenden Ergüssen auch eine thorakoskopische Talkumpleurodese erfolgen. Als palliatives Verfahren ist die Radiatio Mittel der Wahl.
Bilder
Abb. 445: Drüsenähnliche Tumorformationen umgeben von einem faserreichen Stroma
Abb. 446: Schnittfläche des OP-Präparates mit fast vollständige zirkulärer tumoröser Ummauerung der Lunge mit kontinuierlicher Tumorausbreitung entlang der interlobulären Pleura pulmonalis.
Respirationstrakt - Tumor - Lehrtexte
Respirationstrakt - Tumor - weitere Kasuistiken
Respirationstrakt - Tumor - Literatur
Organpathologie-Atlas