Anamnese
Bei einer 60 Patientin wird anlässlich einer Routineuntersuchung eine Ultraschalldiagnostik durchgeführt. Hierbei wird eine umschriebene, solide Raumforderung im unteren Nierenpol festgestellt. Auch nach gezieltem Nachfragen kann die Patientin sich nicht an Blutbeimengungen im Urin erinnern. Insgesamt fühlt die Patientin sich dem Alter entsprechend wohl und gibt keine Beschwerden, insbesondere nicht im Urogenitalbereich an.
Makroskopie (gekürzt)
Nephrektomiepräparat links mit anhängendem Fettgewebe, Nebenniere, einem kurzem Uretersegment und den kurz abgesetzten Hilusgefäßen. Die Niere auf der Schnittfläche mit einem vom Hilus nach distal reichenden, etwa 6 cm durchmessenden bräunlich-weichen, die Nierenkapsel vorwölbenden Tumor, mit erheblicher Kompression des Nierenbeckens. Die Nierenkapsel intakt, kein tumoröser Kapseldurchbruch.
Virtuelle Mikroskopie
HE-Färbung
Mikroskopie
Formationen eines vorwiegend kompakt gebauten Nierentumors mit großen, polygonal begrenzten Tumorzellen mit einem feinwabigen, milchglasartigem Zytoplasma. Die Tumorzellkerne rundlich-oval, mit mäßigen bis gelegentlich auch ausgeprägteren Kerngrößenschwankungen unter Einschluß von teils sehr großen entrundeten Zellkernen mit prominenten Nukleolen. Gelegentlich sind Mitosefiguren erkennbar. Die Nierenkapsel tumorfrei, ebenso das Nierenbecken, der Ureter und die Nierenhilusgefäße sowie die Nebenniere.
Diagnose:
Auf die Niere beschränktes, niedrig differenziertes, chromophobes Nierenzellkarzinom. Resektion im Gesunden.
TNM-Klassifikation (6. Aufl.): pT1, pNX, V0
Grading: G3
R-Klassifikation: R0
Definition
Das chromophobe Nierenzellkarzinom ist mit ca. 5% der Nierentumoren eine seltene Form des Nierenzellkarzinoms. Sein Ursprung liegt nach derzeitigem Wissensstand im distalen Tubulussystem, im Gegensatz zum klarzelligen und papillären Nierenzellkarzinom. Charakteristisch sind die färberischen Eigenschaften (Hale), die neben den typischen morphologischen Charakteristika (prominente Zellgrenzen, feingranuläres Zytoplasma, oftmals zwei kernige Zellen) die Diagnosestellung ermöglichen.
Pathologische Befunde
Das chromophobe Nierenzellkarzinom tritt, wie die meisten anderen Nierenzellkarzinome auch, als unilateraler, solitärer Tumor auf. Die Schnittfläche ist hellgelb oder bräunlich und kann einem renalen Onkozytom ähneln. Die Tumorzellen bilden breite trabekuläre und solide Wachstumsmuster, selten ist eine Tubulusbildung. Die chromophoben Tumorzellen färben sich mit der kolloidalen Eisenreaktion nach Hale blau an, die ein für diesen Tumortyp charakteristisches Mucopolysaccharid erkennt (s. virtuelle Mikroskopie), welches ultrastrukturell in zytoplasmatischen Mikrovesikeln lokalisiert ist.
Klinische Bedeutung
Die Bedeutung der Abgrenzung des chromophobe Nierenzellkarzinoms gegenüber anderen Nierenzellkarzinomen liegt insbesondere in der Differentialdiagnose gegenüber dem gutartigen renalen Onkozytom, welches makroskopisch und histologisch ein ähnliches Bild aufweisen kann.
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Bilder
Abb. 361: Kolloidale Eisenfärbung nach HALE mit charakteristischer blauer Anfärbung der Mukopolysaccharide.
Niere - Lehrtexte
Niere - weitere Kasuistiken
Niere - Literatur
Organpathologie-Atlas