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Ovarialkarzinom


Gewöhnliche Adenokarzinome stellen die häufigsten malignen Tumoren des Ovars dar. Als Ausgangspunkt des Ovarialkarzinoms gelten das ovarielle Oberflächenepithel bzw. seröse Einschlusszysten, das sekundäre Müllersche System, Endometrioseherde und der Fimbrientrichter der Tuben. Adenokarzinome des Ovar werden manchmal auch als maligne Oberflächenepithel-Stroma-Tumoren bezeichnet, was die histogenetische Zuordnung dieser Tumoren zum ovariellen Oberflächenepithel und die Anwesenheit spezialisierten Stromas in einigen dieser Tumoren ausdrückt.

Die weltweit geschätzte Inzidenz der malignen Ovarialtumoren liegt bei jährlich 192000 Neuerkrankungen; das sind 4,1% aller weiblichen Malignome. Damit sind die Malignome des Ovars die zweithäufigsten malignen weiblichen Genitaltumoren.

Geschätzte Inzidenz in Deutschland 12,8/100000, jährlich 7500-8200 Neuerkrankungen, Anteil an allen Malignomen der Frau etwa 5%. In Deutschland in den letzten 20 Jahren Erkrankungshäufigkeit nahezu konstant; bei Frauen über 60 Jahre eher Zunahme, bei jungen Frauen eher Abnahme.

Daten aus Deutschland für alle Tumortypen einschließlich Borderlinetumoren: Erkrankungsalter im Mittel 62 Jahre, median 63 Jahre; 10% der Patientinnen sind bei Diagnosestellung jünger als 43 Jahre, 32% 70 Jahre und älter.

Etwa 15% aller Ovarialmalignome sind familiär-genetisch bedingt (BRCA1/2-Mutation, seltener Lynch-Syndrom). Im übrigen ist das Risiko für Ovarialkarzinome abhängig von der Anzahl der Jahre mit Ovulation bzw. regulären Zyklen (Zahl der Jahre zwischen Menarche und Menopause bzw. Diagnose abzüglich Jahre der Schwangerschaften und Stillperioden und jener mit Gebrauch oraler Kontrazeptiva).

Die regionären Lymphknoten des Ovars sind:

  1. Pelvine Lymphknoten
    • Lymphknoten an Aa. iliacae internae (hypogastrische einschl. Obturatoria-Lymphknoten)
    • Lymphknoten an Aa. iliacae communes,
    • Lymphknoten an Aa. iliacae externae,
    • lateral-sakrale Lymphknoten;
  2. Paraaortale Lymphknoten im Abdominalbereich (einschliesslich retroaortaler, para- und retrokavaler sowie interaortokavaler Lymphknoten);
  3. Inguinale Lymphknoten.

Die malignen Tumoren des Ovars unterscheiden sich von den übrigen Tumoren des weiblichen Genitale durch ihre außerordentliche Heterogenität, das bei Erkennung in der Regel fortgeschrittene Tumorstadium und die häufige Bilateralität.

Die primären Ovarialtumoren werden in 4 Hauptgruppen unterteilt:

  • Epitheliale Ovarialtumoren (Häufigkeit 90-95%): Dabei wird zwischen solchen von Borderline-Malignität (von niedrigem malignen Potential) und invasiven (maligne, frankly malignant, sog. gewöhnliche Ovarialkarzinome, common epithelial tumors) unterschieden. Die letzteren schließen auch gemischt epithelial- mesenchymale Tumoren sowie endometrioides Stromasarkom, lowgrade und undifferenziertes
    Sarkom ein. Der Anteil an Borderline-Tumoren beträgt etwa 10-15% dieser Hauptgruppe.
  • Keimstrang-Stroma-Tumoren (Häufigkeit 5-7%),
  • Maligne Keimzelltumoren (Häufigkeit 2-3%),
  • Sonstige seltene Malignome

Die Adenokarzinome des Ovars gehen vom Müllerschen Epithel aus. Man unterscheidet man 4 Typen. Diese Tumortypen sind identisch mit den Tumortypen, die im Corpus uteri, der Tuba uterina oder der Cervix uteri auftreten:

  • Endometrioides Adenokarzinom: Ausgangspunkt ist häufig die ovarielle (Endometriosezysten im Ovar). Morphologische Ähnlichkeit zum Kolon- bzw. Rektumkarzinom. Gleichzeitiges Auftregen des endometrioiden Adenokarzinome des Ovar mit einem Endometriumkarzinom in 15-20% der Fälle (meist simultane doppelte Primärtumoren).
  • Muzinöses Adenokarzinom: Drüsig und drüsig-zystisch gebauter maligner Tumor, häufig mit intestinaler oder endozervikaler Differenzierung. Nicht selten handelt es sich beim muzinöses Adenokarzinom jedoch nicht um ein primäres Adenokarzinom des Ovar, sondern um einen metastatischen Tumor aus dem GI-Trakt.
  • Seröses Adenokarzinom: Invasiver maligner Tumor, der aus Zellen besteht, die in gut differenzierten Anteilen dem Epithel der Tube ähneln. Das häufigste Adenokarzinom des Ovar. In etwa 2/3 der Patientinnen bilateral es Auftreten. Makroskopisch meilst solid-zystisch, häufig mit oberflächlichen papillären Strukturen.
  • Klarzell-Adenokarzinom: Seltener, hochmaligner Ovarialtumor, der glykogenhaltige Klarzellen und schuhzweckenähnliche Zellen (hobnail cells) enthält. Nicht selten assoziiert mit Endometriose des Ovars und Beckens.

Vom Ovarialkarzinom abzugrenzen sind die im Erwachsenenalter selteneren, nichtepithelialen Tumoren des Ovars. Dazu gehören:

Diese Tumorgruppen weisen eine andere klinische Präsentation, Tumorbiologie und Prognose auf und werden gesondert beschrieben.

Borderline-Tumoren (Ovarialkarzinome von Borderline-Malignität oder niedrigem malignem Potential)

Borderline-Tumoren sind Adenokarzinome des Ovar mit niedrigem Malignitätsgrad und geringem Potential zur Invasion. Somit ist unter dem Begriff Borderline-Tumor keineswegs ein fraglich maligner Tumor zu verstehen, sondern ein Karzinom mit geringerem aggressiven Verhalten und langsamerer Tumorprogression als gewöhnliche Ovarialkarzinome.

Histologisch zeigen Borderline-Tumoren des Ovar einige, aber nicht alle morphologischen Charakteristika der Malignität, insbesondere aber keine offensichtliche Stromainfiltration, eine Mikroinvasion ist möglich. Die Klassifikation der Borderline-Tumoren richtet sich nach den gleichen Prinzipien wie bei den gewöhnlichen Adenokarzinomen des Ovar.

Bearbeiter: Peter Sinn
Letzte Änderung: 14.04.2011