UniHD


33-jährige Patientin mit unklarem Befund im Unterbauch



Klinische Angaben
Seit 4 Wochen epigastrisches postprandiales Druckgefühl, Verhärtungen im Unterbauch und Nachtschweiß. Unauffällige Nahrungsaufnahme und Verdauung. Kein Gewichtsverlust.

Diagnostik
Bildgebung: In der Computertomographie ergab sich der hochgradige Verdacht auf eine ausgedehnte Peritonealcarcinose mit großen Tumormassen im Unterbauch und Ascites.

Explorative Laparotomie: Probelaparotomie mit histologischer Sicherung.
PE: Die Histologie zeigte einen epitheloiden Tumor mit Koexpression von Cytokeratin 7 und Calretinin und einer Ki67 Proliferationsrate von 20%, so dass die Diagnose eines malignen Mesothelioms gestellt wurde.

Procedere
Mit dem Versuch des Downstaging des Tumors erfolgten 6 Zyklen Chemotherapie mit Permetrexed und Cisplatin.
Nach 3 Zyklen stellte sich die Patientin in gutem Allgemeinbefinden zur Stagingbesprechung in der Ambulanz vor und es zeigte sich in der Bildgebung ein gutes Therapieansprechen im Sinne eines deutlichen Rückgangs der peritonealen Verdickungen. Nach Beendigung des 6. Zyklus erfolgte die Exploration des Situs.

Peritonektomie, Omentektomie, eine Zwerchfellteilresektion beidseits und eine subtotale Kolektomie und Splenektomie zum Tumordebulking. Intraoperativ wurde eine intraperitoneale hypertherme Chemotherapie (Cisplatin 50 mg/m2, Doxorubicin 15 mg/m2) durchgeführt. Nach Rekonstrukion wurden Spüldrainagen eingelegt.

Makroskopie:
Subtotales Kolektomiepräparat mit 40 cm langem Kolonanteil und 15 cm langem terminalem Ileum, anhängend eine 6 cm lange Appendix und max. 5 cm breites perikolisches Fettgewebe sowie ein 20 × 8 × 1,5 cm messendes Netz. Im peritonealisierten perikolischen Fettgewebe multifokale plattenartige Tumorknoten bis 1cm. Auf der Schnittfläche eine unterschiedlich tiefe tumoröse Infiltration der Dickdarmwand sowie des terminalen Ileums. Das Netzgewebe nahezu vollständig tumorös durchsetzt.
Daneben ein Dünndarmteilresektat mit Nachweis weiterer gleichartiger Tumorformationen im Mesenterium. Das Spelenektomiepräparat mit einer Kapselhyalinose tumorfrei.

Virtuelle Mikroskopie

Mikroskopie
Es zeigen sich schwerpunktmässig im adventitiellen bzw. subserösen Fettgewebe plurinodöse Infiltrate eines invasiven epitheloiden Tumors mit teils solidem, teils tubulärem Wachstum. Immer wieder Nachweis von papillären Proliferaten. Die unterschiedlich großen polygonalen Tumorzellen mit recht breitem eosinophilen Zytoplasma weisen mässig pleomorphe, teils gekerbte Kerne mit locker verteiltem Chromatin und häufig kleinen Nukleolen auf. Immer wieder finden sich eosinophile Kerneinschlüsse. Die Tumorformationen infiltrieren die muskuläre Darmwand zum Teil transmural und brechen ins Colonlumen ein. Es finden sich diffuse tumöse Infiltrate in und um die Appendix und dem großen Netz. Außerdem Nachweis von Tumorausläufer im Colon- und Ileumabsetzungsrand. Immunhistologisch zeigen die epitheloiden Tumorzellen eine Koexpression von Panzytokeratin (KL-1) und Calretinin. Die Proliferationsrate (ki67) integral ca. 10%.

Makroskopischer Aspekt des OP-Präparates. (zum Vergrößern klicken)

 

Diagnose
Multifokale peritoneale Manifestation eines malignen epitheloiden Mesothelioms mit solidem und tubulopapillären Wachstum und einer teils transmuralen tumorösen Infiltration der Dickdarmwand sowie des terminalen Ileums. Weiterhin liegt eine diffuse Mesotheliominfiltration der Appendix vermiformis vor.

Klinischer Verlauf
Eine Woche später erfolgte eine postoperative intraperitoneale Chemotherapie über die zuvor eingelegten Spüldrainagen mit 34 mg Paclitaxel/d.

Zwei Monate später stellte sich die Patientin zur Nachkontrolle in der Ambulanz vor und es wurde ein weiterer Zyklus Chemotherapie vereinbart. Da sich nach der ersten Chemotherapie eine Cisplatin-bedingte Polyneuropathie der Beine entwickelte, erfolgte die Umstellung auf Carboplatin (AUC 5).

Nach einem weiteren viertel Jahr wurde bei guter Tumorkontrolle das intraoperativ angelegte protektive ileosigmoidale Anastomosenstoma zeitgerecht rückverlagert.

In der ersten Nachsorge nach einem Monat zeigte sich in der Bildgebung eine stabile Erkrankung.

Drei Monate später wurde in der MRT eine Größenzunahme einer Raumforderung ventrokranial des linken Leberlappens beschrieben. Zudem waren mehrere tumorsuspekte Lymphknoten nachweisbar. Aufgrund des bislang positiven Verlaufes unter der bisherigen multimodalen Therapie wurde eine Resektion des solitär-progredienten Herdes empfohlen, welche zwei Wochen später erfolgte.

Histologisch zeigte sich im Resektat des oberen Zwerchfells und Biopsaten aus der Leberkapsel weiter Manifestationen des malignen Mesotheliom. Zwei mitresezierte Lymphknoten wiesen einen lymphogene Metastasierung auf.

Nach diesem Eingriff erfolgte in vierteljährlichen Abständen weitere Nachsorgeuntersuchungen.

Klinische Korrelation
Das primäre maligne peritonale Mesotheliom ist eine bösartige Neubildung des Mesothels des Peritoneums, die nach Asbestexposition entstehen können. Sie sind etwa 10-mal seltener als Pleuramesotheliome. Die Diagnose erfolgt meist in fortgeschrittenen Stadien.

Differenzialdiagnostisch muss das maligne Mesotheliom gegen eine ganze Reihe anderen Neoplasien abgegrenzt werden. Neben peritonealen Metastasen gibt es Sonderformen wie das gut differenzierte papilläre Mesotheliom und das benigne multizystische Mesotheliom des Peritoneum sowie den Adenomatoidtumor.

Zur Therapie werden, wie auch hier, intraperitoneale Chemotherapien, oft auch in Kombination mit einer Hyperthermie und Tumorresektion bzw. Tumormassenreduktion, appliziert. Bei multiplem/diffusem Wachstum des peritonealen Mesothelioms ist eine vollständige Resektion wie beim Pleuramesotheliom in der Regel nicht möglich.

Das durch Asbest verursachte Mesotheliom des Peritoneums wird als Berufskrankheit nach Ziffer 4105 anerkannt. Ein Asbestnachweis kann im Lungengewebe durchgeführt werden

Bearbeiter: Janina Wolf
Letzte Änderung: 17.06.2018

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Peritoneum - Literatur

Organpathologie-Atlas