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53 jährige Patientin mit Hämaturie und Fieber



Aktuelle Anamnese
Eine 53 jährige Patienten stellte sich vor. Sie gibt an seit über einer Woche einen bräunlichen Urin auszuscheiden. Des Weiteren sind ihr Ödeme an den Beinen aufgefallen. Sie fühlt sich müde und ausgelaugt und hat seit 4 Tagen Fieber. Die Patientin ist stark beunruhigt. Sie berichtet von einem vor 1 ½ Wochen ausgeheiltem Infekt. Auf Nachfrage erklärt die Patientin, dass der Infekt sich in Form von Husten, starken Halsschmerzen und Fieber geäußert habe.

Körperliche Untersuchung
Herz: Herztöne rhythmisch und deutlich abgrenzbar, keine systolischen oder diastolischen Herzgeräusche
Blutdruck: 150/90 mmHg, Puls: 70 S/min, periphere Pulse kräftig und symmetrisch in der Stärke
Lunge: perkutorisch: sonorer Klopfschall, auskultatorisch: versikuläre Atemgeräusche, gute Atemverschieblichkeit der Lungengrenzen
Keine pathologische Lymphknotenvergrößerung
Rachen und Tonsillen leicht gerötet. Ödeme an den Unterschenkeln treten deutlich hervor, kein Hinweis auf TVT, ansonsten keine Hautauffälligkeiten

Labor (nur pathologische Parameter):

Parameter Werte Normbereich Einheit
CRP 100 <5 mg/dl
Ferritin 250 30-200 ug/l
BKS 40 6-20 mm/h
Albumin 2 3,5-5,5 g/dl
Immunglobulin G 2,2 0,8-1,8 g/dl
Immunglobulin M 0,28 0,06-0,26 g/dl
Kreatinin 1,6 0,5-1,2 mg/dl
Harnstoff 66 10-55 mg/dl
C3 Komplement 0,3 0,55-1,2 g/l
Erythrozyten 3,8 4,0-5,2 10 *6/ul

Kommentar: Der IgA -Parameter liegt im Normalbereich, kein erhöhter ASL-Titer

Urinstatus
Hämaturie: Es sind dysmorphe Erythrozyten/ Erythhrozytenzylinder im Urin nachweisbar
Proteinurie: Es ist eine Proteinausscheidung im Urin in Form von einer massiven Anzahl hyaliner Zylinder nachweisbar
24h Sammelurin: Ergebnis: 1,9g/d

Sonographie der Nieren
Die Nieren erscheinen beidseits vergrößert (14 cm Länge) und geschwollen, sie zeigen eine gleichmäßige echodichte, es ist ein minimal vergrößerter Parenchymsaum (2,2 cm) nachweisbar.

Pathologie
Den Pathologen erreichen folgende Informationen:
Material: 1,5 cm große Nierenstanze
Klinische Angaben: seit 7 Tagen bestehendes nephritisches Syndrom mit Verdacht auf IgA-GN, DD Poststreptokokken GN

Virtuelle Mikroskopie

HE-Färbung

 

Diagnose
Akute Poststreptokokken-Glomerulonephritis

Vorgehen: Triplediagnostik

  • Lichtmikroskopie
  • Immunhistologie
  • Elektronenmikroskopie

Befund der Lichtmikroskopie
Zu sehen ist eine endokapilläre diffuse proliferative Glomerulonephritis:
Vergrößerte Glomeruli mit diffuser globaler Schwellung und Vermehrung der Endothel- und Mesangiumzellen. Die glomerulären Kapillarlichtungen sind eingeengt und enthalten neutrophile Granulozyten und Monozyten.

Immunhistologie
Zu sehen sind Ag-Ak Komplexe und C3 Komplementablagerungen an der Außenseite der glomerulären Basalmembran in granulärer Form. (“humps”).

Pathogenese
Ablagerung von Antigen-Antikörper-Komplexen
Immunkomplexe bilden sich entweder im strömenden Blut oder im Nierengewebe. Sie können an verschiedenen Stellen des Glomerulums durch die Bindung antigener Strukturen an die Zelloberfläche entstehen (Implantation von Streptokokkenantigen in die Basalmembran als Pathomechanismus?).

Immunkomplexe lösen eine entzündliche Reaktion aus Folge: Aktivierung des Komplements/ Einwanderung von Leukozyten/ Proliferation der verschiedenen am Glomerulum beteiligten Zellformen.

Die verschiedenen Formen der Immunkomplex-GNs enstehen je nach Ablagerungsort der Ag-Ak–Komplexe.

Postinfektiöse GN: diffus proliferative/ exsudative GN durch diffuse Immunkomplexablagerung
Die Poststreptokokken GN ist eine Immunkomplexnephritis.
Der typische Ablauf entspricht dem Auftreten einer Streptokokken-Infektion mit einer drauf folgenden Beschwerdefreiheit von 1-2 Wochen. Danach kommt es zu einer erneuten Erkrankung mit Symptomatik eines nephritischen Syndroms: Volhard Trias: Hämaturie/ Hypertonie/ Proteinurie.
Wichtig ist hier der Ausschluss einer rapid-progressiven GN durch eine Nierenbiopsie und eine 2*wöchentliche Kreatininkontrolle.

Bearbeiter: Christa Flechtenmacher
Letzte Änderung: 17.06.2018